Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 34. (1981)

RILL, Gerhard: Die Hannart-Affäre. Eine Vertrauenskrise in der Casa de Austria 1524

Die Hannart-Affäre 131 Mit Jahresende 1522 beginnt eine dichte Serie von Berichten Wolffs an den Kurfürsten, die von Planitz weitergeleitet, manchmal auch direkt an den sächsischen Hof gelangten, heute allerdings nur mehr zum Teil erhalten oder aus den Planitzberichten zu rekonstruieren sind. Den Inhalt dieser Schreiben bilden vorwiegend halb- oder inoffizielle Gegenstände, streng vertrauliche Informationen, die an Hand anderer Korrespondenzen nur schwer zu über­prüfen sind, weil es einer guten Portion Sorglosigkeit bedurfte, sie dem Post­oder Kurierweg anzuvertrauen. Wir wir hörten196), ist hier von Differenzen zwischen den alten Räten und Salamanca die Rede, vom tyrannischen Geha­ben Ferdinands, von dessen abfälligen Äußerungen über die deutschen Für­sten („davon ich [Planitz] nicht dorf schreiben“) und besonders über den Kurfürsten von Sachsen197), vom Mißtrauen des ferdinandeischen Hofes ge­genüber dem Schwäbischen Bund und von anderem, das Wolff „in grosser geheim aus der synagoga“ (in Innsbruck) erkundet zu haben vorgibt198). Von Gegenleistungen Friedrichs ist nur bekannt, daß er gelegentlich bei Ferdi­nand zu Wolffs Gunsten in dessen Vermögensangelegenheiten intervenier­te199). 1524 verhielt es sich mit Wolff also derart, daß er zwar noch den Titel eines erzherzoglichen Rates führte, seinen Aktivitäten nach zu schließen aber pri­mär dem Kurfürsten von Sachsen diente. Fast parallel zu dieser Annäherung an den sächsischen Hof verläuft die Entfremdung ^Wolffs gegenüber Ferdi­nand. Sehen wir von der vertraulichen Mission 1524, in der Wolff zwischen dem Kurfürsten und dem Erzherzog pendelte, ab200), finden wir den einsti­gen obersten Schatzmeister nur noch einmal mit einer offiziellen Aufgabe, nämlich im September 1525 zusammen mit Dr. Johann Zasius als Bevoll­mächtigten Ferdinands bei den in Speyer versammelten ständischen Gesand­ten, betraut201). Dann aber geht es nur mehr um Vermögensfragen im Zu­sammenhang mit der Liquidierung der maximilianeischen Schulden, wofür Karl und Ferdinand eigene Kommissionen aufgestellt hatten202). Im Mai 1526 hören wir zum ersten Mal von eingehenderen Verhandlungen der Kom­missare mit Wolff, wobei es sowohl um die Schuldentilgung als auch um die Ablöse der Pfandschaften ging. Man möge Wolff nicht zu einem Vergleich zwingen, wies Fer­dinand die Kommissare an, jedoch so lange verhandeln, bis eine Einigung erzielt wor­196) Siehe oben S. 107 f. 197) Wülcker—Virck Planitz 462, 476ff, 503/3. 198) Ebenda 477. Da in der fraglichen Zeit in Innsbruck weder ein jüdisches Bethaus noch ein als „Synagoge“ bezeichnetes Bauwerk nachweisbar ist - für eine diesbezügliche Auskunft danke ich dem Direktor des Stadtarchivs Innsbruck, Herrn Senatsrat Dr. Franz-Heinz Hye -, kann mit diesem Ausdruck nur der Hof Ferdinands gemeint sein, an dessen Spitze ja der als jüdischer Geschäftsmann verschrieene Sala­manca stand. i") Weisung Friedrichs an Planitz, 1523 Januar 24: Wülcker-Virck Planitz 338/2. 200) Siehe oben S. 115. 201) HHStA Reichs aktén in genere 3 (1525) fol. 27r-28r. 202) Bauer Anfänge 146f. 9*

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