Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 34. (1981)
DIENST, Heide: Niederösterreichische Pfarren im Spannungsfeld zwischen Bischof und Markgraf nach dem Ende des Investiturstreites
Niederösterreichische Pfarren im Spannungsfeld zwischen Bischof und Markgraf 5 Rede: Wie gerührt über soviel demütiges Entgegenkommen des „illustris princeps“, wandte sich der Bischof an seinen Klerus, seine „principes“ und sein ganzes Kirchenvolk, man möge der göttlichen Vorsehung („pietas“), die den Demütigen Gnade schenkt11), für eine so ehrenvolle Tat und für so viel Passauer „honor et utilitas“ danken, — nicht nur das, der Bischof wolle sich einem billigen Verlangen der Vorgenannten nicht verschließen und seinerseits für ihren „honor“ und ihre „utilitas“ in aller Demut Sorge tragen, allerdings nur nach Maßgabe der Möglichkeiten seines Amtes („secundum officii sui debitum“). Das alles klingt ganz so, als teilten Klerus und Volk, edles und unedles, nicht so ganz die Gefühle ihres Diözesans angesichts der Zehentregelung. Besonders auf ein honoriges Mitglied des Diözesanklerus habe der Bischof Rücksicht nehmen müssen, heißt es in der Urkunde weiter: Aufgrund dringender Vorstellungen des Klostemeuburger Propstes Hartmann, dessen geschickter und kenntnisreicher Vermittlung die Einigung überhaupt erst zu danken war, habe der Bischof den Zehent der Pfarre (Kloster-)Neu- burg dem Stift der heiligen Maria überlassen, das der ehrenwerte Markgraf dort errichtet habe. Das geschah mit Zustimmung des Diözesanklerus und des Volkes in einer kirchenrechtlich einwandfreien Übertragung („legitima et canonica transmutatione“) durch den Vogt Adalbert. Daß dieser der älteste Sohn des Markgrafen war, wird nicht betont. Der Propst, auf das wirtschaftliche Gedeihen des ihm anvertrauten Klosters wohl bedacht, wollte die Einkünfte des Stiftes jedoch nur kanonisch vermehren, d. h. ohne Schädigung der bischöflichen Einkünfte. Daher ließ er durch den Markgrafen und den Vogt, dessen Sohn, die Lehen von vier Männern in Kollmitz und einen Weingarten bei Droß zur Arrondierung des dortigen Passauer Besitzes an das Hochstift übertragen. Die Ankündigung der Beglaubigungsmittel ist mit jener der Michaelbeuemer Urkunde im wesentlichen gleichlautend; sie wurde allem Anschein nach auch von dort übernommen, da sie im Greifensteiner Fall irreführend ist: In Mau- tem wurde der Bischof als Siegler korrekt angekündigt, in Greifenstein ist das letzte Subjekt, auf das sich grammatikalisch richtig die Siegelankündigung beziehen müßte, der Propst12). Es scheint also die Michaelbeuem-Urkunde als Vorlage für die formelhaften Teile des Diktates gedient zu haben, während die weitere Formulierung des Greifensteiner Ausgleichs in seinen gesuchten Wendungen, in denen das Kunstmittel der Alliteration bis zum Überdruß zur Anwendung kommt13), ”) Der Anklang an Ps 103,13;17, der in das Magnificat aufgenommen worden ist (Lk 1,50 ff), ist unüberhörbar, ähnlich auch die Formulierung in der Mautemer Urkunde: „humilium sublevator“ etc., wo die Wendung auf den Bischof, den Stellvertreter Gottes, bezogen wird; vgl. aber auch Ps 72,12: „ecce ipsi peccatores et abundantes in saeculo obtinuerunt divitias ...“. 12) „Prepositus vero . . . delegavit. Ut autem h§c traditio . . . permaneat, sigilli sui inpressione signavit . . Mautern: „Ut autem hec . . . permaneant, venerabilis predic- tus pontifex sigüli sui impressione signavit ...“. 13) „sepe paterne admonitus, devote instructus, humiliter rogatus ..., presentibus filiis suis Adelberto et Liupaldo devoto consensu consentientibus et concordi voce fac-