Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)

NEUHAUS, Helmut: Ferdinands I. Reichstagsplan 1534/35. Politische Meinungsumfrage im Kampf um die Reichsverfassung

Ferdinands I. Reichstagsplan 1534/35 39 aber wurde in einem Reichstag kein taugliches Mittel zur schnellen Lösung aktueller Konflikte gesehen. Zu den beiden übrigen von König Ferdinand konkret angesprochenen Bera­tungsgegenständen für den zukünftigen Reichstag — Reichskammergericht und Türkenfrage114) — nahm die Mehrzahl der Befragten Stellung. Wie das Problem der Landfriedenssicherung gehörten auch sie zu den traditionellen Tagesordnungspunkten eines Reichstages im 16. Jahrhundert. An beiden hatte Ferdinand ein besonderes Interesse, da zum einen der Kaiser das Reichskammergericht drei Jahre lang alleine finanziert hätte, aber „diese underhaltung des Camergerichts allein zetragen ain swere purde sein will“115), zum anderen der König in Ungarn und Österreich der Türkenge­fahr selbst als erster ausgesetzt war, deren Abwehr aber nicht alleine be­werkstelligen und finanzieren konnte und wollte, sondern eine beharrliche Türkenhilfe der Reichsstände anstrebte116). Daß die in beiden Bereichen bestehenden Probleme auf einem Reichstag ei­ner Lösung zugeführt werden mußten, wurde selbst von den Bayernherzögen nicht bestritten, die eine solche reichsständeparlamentarische Versammlung nicht nur zur Klärung der Religionsfrage, sondern auch für die Beilegung des Landfriedensbruchs im westfälischen Münster abgelehnt hatten. Zu allen von Ferdinand vorgeschlagenen Beratungspunkten „ausserhalb diser zwayer Ar- tickl“ rieten sie, „wo ye die khon. Mt. ainen Reichstag haben oder ausschrei­ben wolten“, sei es „von nöten, sich wol zubedenckhen [...] und sich auf gemaine Wort nit zuverlassen, damit nit allererst auf dem Reichstag Irrungen einreißen und daraus kon. Mt. genedigs Vorhaben verhindert oder auch sonst Spaltung und mißverstandt sich zutragen möchten“117). Was „zu underhaltung des Camergerichts auch Rüstung kunftigs Überzugs des Turckhen [...] bei andern Chur und fürsten für ratlich und erschießlichs erwegen und für guet angesehen werden“ wird118), daran wollte sich auf ei­nem Reichstag auch der Kurfürst von Trier beteiligen. In gleichem Sinne mit ebenso unverbindlichen Formulierungen äußerten sich auch die drei weltli­114) Vgl. dazu Peter Rassow Die Kaiser-Idee Karls V. dar gestellt an der Politik der Jahre 1528—40 (Historische Studien 217, Berlin 1932) 82—104 und jetzt Wolfgang Steglich Die Reichstürkenhilfe in der Zeit Karls V. in Militärgeschichtliche Mittei­lungen 11 (1972) 7—55. 115) Kgl. Instruktion 1534 November 21 fol. 13 r. - In einem umfangreichen Schrei­ben vom 30. Mai 1534 an Karl V. hatten die Kurfürsten (außer Sachsen) dem Kaiser geraten, „damit aber die Iustitia erhalten und das bemelt E. kay. Mt. Camergericht im wesen pleiben möge, [...] das Euer kay. Mt. bemelt Camergericht biß zu einem Reichs­tag oder gemain Reichsversamblung und ander versehung und Ordnung durch zimliche Mittel und Wegen, die E. kay. Mt. wol bedenckhen khönen, gnedigklich underhaltung verschaffen“: HHStA RAig 6 (1534) fol. 40r^l4v, hier fol. 44v. 116) Kgl. Instruktion 1534 November 21 fol. llv-12r. 117) HHStA RK RTA 5 CIII fol. 3rv. 118) Ebenda fol. 103rv; siehe auch Auszug fol. 130v.

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