Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)
NEUHAUS, Helmut: Ferdinands I. Reichstagsplan 1534/35. Politische Meinungsumfrage im Kampf um die Reichsverfassung
40 Helmut Neuhaus chen Kurfürsten119) und u. a. Pfalzgraf Friedrich120), der Bischof von Konstanz121) und eine Reihe von Reichsstädten122). Bei einigen fällt auf, daß sie an den einen oder anderen Beratungsgegenstand Forderungen knüpften. So hofften z. B. die Reichsstädte Straßburg123) und Lindau124) unter Hinweis auf den Nürnberger Anstand, daß die Prozesse am Reichskammergericht gegen die Protestanten endlich eingestellt würden, und Nürnberg bat den König, es vor den Angriffen der Türken zu schützen125). Insgesamt aber wurde die Bejahung eines Reichstages für diese beiden Beratungsgegenstände nur sehr vage ausgesprochen, was damit zu erklären ist, daß die Reichsstände wußten, daß sie in beiden Fällen zu Leistungen herangezogen werden sollten. Die von Ferdinand angesprochenen unerledigten Punkte früherer Reichstage übergingen die befragten Reichsstände und -städte in ihren Stellungnahmen ausnahmslos, obwohl bzw. gerade weil ihnen bewußt gewesen sein muß, welche Probleme der König damit meinte. Es handelte sich dabei vor allem um die Frage der Monopolien und der Zölle, die Ferdinand auch in seiner Wahlkapitulation von 1531 zu lösen versprochen hatte126). Neben den Sachfragen der Reichspolitik, die nach Ferdinands Vorstellungen von einem Reichstag gelöst werden sollten, galten auch den mit der Veranstaltung eines Reichstages verbundenen praktischen Fragen die reichsständischen Stellungnahmen. Hatte man dem König im Ergebnis aller Antworten die Notwendigkeit eines Reichstages unter Ausklammerung der Religionsfrage bestätigt, so untermauerten 13 der Befragten dies dadurch, daß sie ihre persönliche Teilnahme an dem zukünftigen Reichstag zusagten oder doch ihre Räte und Gesandten schicken wollten. Dazu war auch der Kurfürst von Sachsen bereit, was sein großes Interesse an einem Reichstag wegen der Frage der Goldenen Bulle bestätigt. Sollte allerdings den Protestanten während des Reichstages verboten werden, „das wir und unsere mitverwanten das Wort gottes nach rechtem cristlichem verstand predigen und verkündigen zulassen wie hievor beschehen“, so wäre es ihm „beschwerlich, aigner person zuerscheinen“; für diesen Fall wollte er aber dennoch seine „ansehen- liche Rethe mit noturftiger gewalt [...] schicken“127). Die Tagungsort-Frage des projektierten Reichstages hatte Ferdinand — wie wir sahen — sehr eng mit seinem persönlichen Anliegen verknüpft, die Bestimmung der Goldenen Bulle Karls IV. hinsichtlich des ersten von einem König nach seiner Wahl in Nürnberg zu veranstaltenden Reichstages zu er119) Sachsen: ebenda fol. 47r; Pfalz: ebenda fol. 76rv; Brandenburg: ebenda fol. 7r; siehe auch Auszug ebenda fol. 131r-132r. 120) Auszug ebenda fol. 134v-135r. 121) Ebenda fol. 138v. 122) Ebenda fol. 139v-143r. 123) Ebenda fol. 55 r; Auszug ebenda fol. 139 v—140 r. 124) Ebenda fol. 30 rv; Auszug ebenda fol. 142 r. 125) Auszug ebenda fol. 142 v. 126) WK 1531 §§ 16-18, 13. 127) HHStA RK RTA 5 CIII fol. 49 r.