Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)
NEUHAUS, Helmut: Ferdinands I. Reichstagsplan 1534/35. Politische Meinungsumfrage im Kampf um die Reichsverfassung
Ferdinands I. Reichstagsplan 1534/35 31 hoffen, das ainicher anstandt, Vergleichung oder ainigkait in derselben Sachen erlangt, sonder nur [...] mer ungehorsam“61). Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen begrüßte es unter generellem Hinweis auf die „Handhabunng der Reichsabschide, de[n] Nurmbergischen Ver- tragk und ausgekunteten Landfriden, auch de[n] Vertrag zum Cadan“62) in einem Schreiben vom 10. Januar 1535 aus Weimar63), daß ,,in Sachen den glauben und die Religion betreffende der Babst von kay. Mait. ermant solt werden, das gemain generalh Concilium auszuschreiben, bey dem vorweilten und jtzigen neuen erwelten Babst solch Concilium in das werg zubringen an- suchung getan und vleis furgewand“ worden ist64). Auf gleicher Linie bewegte sich die - ebenfalls protestantische - Reichsstadt Straßburg in ihrer Stellungnahme vom 15. Januar65), wobei sie allerdings an ein Konzil „nit [...] in ainer andern Nation als in Teutschlanden“ dachte66) und den Papst mehr als Teilnehmer unter anderen denn als Richter sehen wollte67). Insgesamt läßt sich feststellen, daß - freüich aus unterschiedlichen Motiven und mit verschiedenen Begründungen — die große Mehrheit der Befragten in einem Konzü den besten Weg für die Lösung der Religionsfrage sah, womit sie eindeutig auf dem Boden des letzten Reichstagsabschiedes vom 27. Juli 1532 in Regensburg stand68). Auch wenn bei diesem Beschluß sicherlich eine schnellere Entscheidung des Papstes für ein Konzil erhofft worden war69), so fühlte man sich trotz der Verzögerungen noch 1534/35 weiter an ihn gebunden, zumal gerade erst ein Wechsel auf dem Stuhle Petri stattgefunden hatte, der Grund genug für einen weiteren Aufschub der Entscheidung für ein 61) Ebenda fol. 2rv. Vgl. auch den Bericht des königlichen Gesandten Graf Niclas von Salm vom 28. Dezember 1534 aus Ingolstadt an Ferdinand (HHStA RK Reichsakten in genere [zit RAig] 6 [1534] fol. 58r—66r); darin führte er aus, die Bayemherzöge könnten „kains wege raten, das E. k. Mt. den Reichstag halten undt auf gemelte Zeit ausschreyben ließen“, weü hauptsächlich zu besorgen sei, „das auf solch Reichstag des glaubens halber gehandelt“ werde (fol. 58v). 62) HHStA RKRTA 5 CIII fol. 50 r. 63) Ebenda fol. 45r-50r. 64) Ebenda fol. 46 v. — Vgl. zur kursächsischen Stellungnahme auch Auszug ebenda fol. 13 lr. 65) Ebenda fol. 53r-55r; vgl. auch Politische Korrespondenz der Stadt Straßburg im Reformationszeitalter 2: 1531-1539, bearb. von Otto Winckelmann (Straßburg 1887) (zit. Str. Korr. 2) 250f n. 270. - Zur Feststellung des Stadt-Straßburger Meinungsbildes hatte Sehweikhardt von Gundelfingen seinen Vortrag im Namen König Ferdinands am 12. Januar 1535 vor dem Rat der Reichsstadt gehalten; vgl. Str. Korr. 2 248f n. 269: Ferdinand hielt es für notwendig, daß „darneben [offene Konzilsfrage] von wegen der vor äugen swebender gevarlicher louf ain gemain zusamenkunft aller stende des reichs zum ersten fürgenomen, ein reichstag gehalten“ wird. 66) HHStA RK RTA 5 CIII fol. 139 v. 67) Str. Korr. 2 250 n 270. 68) RA II, 1532, Teil II 356 § 5. 69) Aus der Korrespondenz König Ferdinands in den Jahren 1531 und 1532 wird deutlich, wie die dilatorische Behandlung der Konzi^frage durch den Heiligen Stuhl mehr und mehr den Plan für einen Reichstag wachsen ließ, den Ferdinand seinem kaiserlichen Bruder ans Herz legte: vgl. etwa FK 3 107 ff nn. 482ff.