Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)

KANN, Robert A.: Die Statuen vor dem Wiener Rathaus

Die Statuen vor dem Wiener Rathaus 279 Schwarzenbergs für die Elisabethbrücke allenfalls in Betracht gekommen wären, wenn sie nicht schon anderweitig vergeben gewesen wären, kann man es wohl als ausgeschlossen ansehen, daß je erwogen wurde, drei Habsburgi­sche Kaiser in Reih und Glied mit Herrschaften geringeren Ranges, zwei da­von sogar bürgerlicher Herkunft, aufzustellen. Von den acht auf der Brücke aufgestellten Statuen wurden je vier auf einer Brückenseite postiert. Die damalige Reihung, bei der offensichtlich sorgsam darauf Bedacht genommen wurde, wer wem gegenüberzustehen kam, wurde auch bei der heute noch bestehenden Aufstellung auf der Hauptzufahrtstraße zum Rathaus aufrecht erhalten2). Vom Burgtheater aus gesehen fällt zu­nächst ein Paar von Babenberger Herzogen ins Auge: rechts der Babenberger Herzog Leopold VI., der Glorreiche, von J. Preleuthner, ihm gegenüber links sein Großvater Herzog Heinrich Jasomirgott von F. Melnitzky. Ihnen folgen rechts der Verteidiger Wiens während der ersten Türkenbelagerung, Graf Niklas Salm, von M. Purkartshofer und ihm gegenüber der Habsburger Her­zog Rudolf IV. der Stifter von J. Gasser; dann ein Paar aus der Geschichte der zweiten Türkenbelagerung: rechts der Bischof von Wiener Neustadt und spätere Kardinal Leopold Graf Kollonitsch von V. Pilz und links der Kom­mandant der Garnison, Rüdiger Graf Starhemberg, von J. L. Feßler; ab­schließend rechts der Reformer der Maria Theresianischen Ära, Josef von Sonnenfels, von H. Gasser, wohl dem bekanntesten Bildhauer der Statuen­reihe, und links der große Barockarchitekt Johann Bernhard Fischer von Er­lach von J. Cesar. Vom künstlerischen Standpunkt aus gesehen hat sich der Bauausschuß des Gemeinderates zunächst nur von den fünf Statuen Leo­polds VI. des Glorreichen von Preleuthner, des Grafen Kollonitsch von Püz, des Herzogs Heinrich Jasomirgott von Melnitzky, Rudolfs des Stifters von J. Gasser und Fischer von Erlachs von Cesar für befriedigt erklärt. Der Aus­schuß wollte daher der Ausführung der anderen Modelle nicht gleich zu­stimmen, doch wurde dieser Einspruch offenbar bald zurückgezogen3). Was nun die Auswahl der Statuen betrifft, so handelt es sich um drei Herr­scher, zwei Generale, einen hohen geistlichen Würdenträger, und je einen Vertreter von Kunst (Fischer von Erlach) und - man könnte sagen vorwie­gend — Kameralwissenschaft, Verwaltungsreform und literarischer Kritik in vielen Zweigen (Josef von Sonnenfels). Zwei Umstände fallen hier besonders auf. Nur zwei der in Marmor Verewigten sind Müitärs, Salm und Starhem­berg. Alle drei Fürsten wurden, wie aus einem Gedenkblatt des Vereins zur Beförderung bildender Künste hervorgeht, sozusagen hauptsächlich wegen ziviler Verdienste ausgewählt, Herzog Heinrich Jasomirgott vor allem wegen der Verlegung der Residenz nach Wien, der Gründung des Schottenklosters und natürlich um des Privüegium minus willen. Bei Leopold dem Glorrei­chen werden die Verleihung des ersten Wiener Stadtrechtes und kulturelle 2) Vom amtlichen Standpunkt aus betrachtet stehen die Statuen am Rathausplatz, tatsächlich aber zwischen den beiden Teilen des Rathausparkes auf der Zufahrtstra­ße, die zum Rathausturm, dem Zentrum der Ringstraßenfront des Rathauses, führt. 3) AStLW Gemeinderat ZI. 3821/1864.

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