Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)
KANN, Robert A.: Die Statuen vor dem Wiener Rathaus
Miszellen DIE STATUEN VOR DEM WIENER RATHAUS Von Robert A. Kann Lange bevor der Wienfluß eingewölbt wurde, befand sich zwischen dem heutigen Ende der verlängerten Kärntnerstraße und dem Beginn der Wiedner Hauptstraße die sogenannte Steinerne Brücke über die Wien, die im ersten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts erbaut und wegen Baufälligkeit 1850 abgerissen wurde. Auf dieser Brücke standen eine Statue der schmerzhaften Mutter Gottes, die Büdstöcke des heiligen Domitian, des heiligen Wenzel und des heiligen Johann von Nepomuk. Man darf diesen nicht mehr erhaltenen Standbildern vermutlich einen gewissen traditionsbildenden Einfluß zusprechen. Die von Ludwig Förster erbaute neue, wesentlich breitere und ansehnlichere Ersatzbrücke wurde am Tage des Einzugs der Braut Kaiser Franz Josefs in Wien im Jahre 1854 eröffnet und als Huldigung für die neue Kaiserin Elisabethbrücke genannt. Schon vor ihrer Fertigstellung vertrat Förster den Gedanken, diese Brücke durch Standbilder zu schmücken. Allerdings dachte man ursprünglich an zwölf und nicht bloß an acht Statuen, doch wurde dieser weitere Plan später fallen gelassen. Das auf acht Standbilder eingeschränkte Vorhaben wurde dann durch den „Verein zur Beförderung bildender Künste in Wien“ betrieben. Es handelte sich hier um einen bürgerlichen Verein, dessen Mitglieder vornehmlich angesehene und vermutlich großenteils finanzkräftige Bürger des gehobenen Mittelstandes waren. Auch zwei Delegierte des Gemeinderates waren im Vereinsvorstand vertreten, dessen Tätigkeit kurz vor dem Ende der Ära des Neoabsolutismus bedeutsam wurde. Das ist die Zeit, in der im Jahre 1858 der Stadterweiterungsplan bereits genehmigt und der Bau der Ringstraße schon geplant war. Auch war zu diesem Zeitpunkt die Eingemeindung der neun inneren Bezirke schon vollzogen. Diese Umstände sind der Hintergrund für die Auswahl und Aufstellung der acht Statuen, die auf der neuen Elisabethbrücke standen und heute vor dem Rathaus stehen. Die freilich noch streng begrenzte Auferstehung der aus der Stadion’schen Märzverfassung von 1849 stammenden Vorstellung der freien Gemeindeverfassung