Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)
BROUCEK, Peter: Aus den Erinnerungen eines Kundschaftsoffiziers in Tirol 1914–1918
Aus den Erinnerungen eines Kundschaftsoffiziers in Tirol 271 wurde und von diesem ein Kloster in Niederösterreich als Zwangsaufenthalt zugewiesen erhielt .. Rodler führt nun seine Erinnerungen bis zur Südtiroloffensive im Mai 1916 weiter, an der er als Kundschaftsoffizier einer der beiden Angriffsarmeen, der 11. Armee, teilnahm. Er bespricht Täuschungsmanöver über Angriffsbeginn und Stoßrichtung, sowie das Scheitern des Angriffs nach den ersten Erfolgen, wobei er an den Führungsmaßnahmen des Vorgesetzten Heeresgruppenkommandos, insbesondere des Generalstabschefs Feldmarschalleutnant Alfred Krauss27), Kritik übt. Für die Zeit nach dem Abbruch der Offensive berichtet Rodler28): „Das Heeresgruppenkommando Erzherzog Eugen wurde nach Marburg verlegt und übernahm den Befehl über die gesamte italienische Front. Da FML Krauss die folgende Zeit zur gänzlichen Ausrottung der Irredenta benützen wollte, trat in Tirol wieder der reine Abwehrdienst in den Vordergrund. Auf seinen Befehl wurde ich in Tirol mit den betreffenden Arbeiten betraut. Die Abwehrarbeit begann mit der Auflösung aller als irredentistisch bekannten Vereine und mit dem Einziehen ihres Vermögens. Hand in Hand damit ging die Säuberung der Staats- und Landesämter von allen jenen Beamten, die irredentistisch gesinnt waren. Meist hatten die Amtsvorstände von der geheimen Tätigkeit ihrer Beamten keine Ahnung oder schenkten ihr keine Beachtung; sie waren daher von den durchzuführenden Enthebungen nicht sehr erbaut, ja setzten ihnen oft Widerstand entgegen. Außer dem Beamtenkörper mußte aber auch die Geistlichkeit und die Lehrerschaft von allen staatsfeindlichen Elementen befreit werden. Ebenso mußte in das Pressewesen radikal eingegriffen werden. Zwar hatte das Landesverteidigungskommando bereits vor Beginn des Krieges mit Italien alle Reichsitaliener, die bei den Zeitungen als Redakteure tätig waren, entfernt; der Geist der Zeitungen war aber trotzdem stark verseucht geblieben. Jetzt wurden alle Zeitungen in italienischer Sprache eingestellt; in dieser Sprache erschien in Südtirol nur mehr der Risveglio Austriaca“. Im Frühjahr 1917 kam Rodler in nähere Beziehung zu FM Conrad, der das Kommando der Tiroler Heeresgruppe übernommen hatte. Rodler beschreibt dessen Opposition zu den politischen wie den militärischen Gedankengängen und Maßnahmen Kaiser Karls, der den Feldmarschall nichtsdestoweniger mehrmals konsultierte. Rodler schildert im folgenden die nachrichtendienstlichen Vorarbeiten für eine Offensive aus dem Becken von Tóiméin, die spätere Zwölfte Isonzoschlacht, und seine Kontakte zum Schweizer Generalstab zwecks Zusammenarbeit gegen irredentistische Umtriebe. Die Offensive im Oktober/November 1917 brachte auch dem Kundschaftsdienst neue Arbeit29): „Beim Vormarsch über den Isonzo fiel unseren dort vorrückenden Truppen zahlreiches Schriftenmaterial höherer italienischer Kommanden in die Hände. Bei der Sichtung dieses Materials wurden auch die Akten der italienischen Kundschaftsstelle Verona gefunden, die offenbar vom italienischen V. Korps, das im Frieden in Verona stand, an die Front mitgenommen worden waren. Diese Akten erhielt die Nachrichtenabteilung 27) Über Krauss vgl. Willi Drofenik General Alfred Krauss. Eine Biographie (un- gedr. phil. Diss. Wien 1967). 2S) B/653, n. 1, fol. 33 f. 29) B/653, n. 1, fol. 42-16.