Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)
KRENDL, Peter: Ein neuer Brief zur ersten Indienfahrt Vasco da Gamas
Ein neuer Brief zur ersten Indienfahrt Vasco da Gamas 19 Edelsteinen besonders Rubine erwähnt, denen das Mittelalter als einem von der Apokalypse genannten Edelstein magische Bedeutung zumaß73). Wie der Brief an den Kardinalprotektor eine Fülle von Einzelheiten bietet, so streichen die Schreiben an das Katholische Königspaar besonders den direkten Zugang zu den Reichtümern Indiens heraus; hier wird auch, wie gegenüber Maximilian, der Hoffnung auf Hilfe von Seite der neuaufgefundenen christlichen Könige und Völker und auf Vorteile durch den Einbruch in das ägyptische Gewürz- und Spezereihandelsmonopol im Kampf gegen den Islam Ausdruck verliehen. Ein Vergleich mit den im Brief an den Kardinalprotektor angesprochenen Schreiben74) an den Papst und das Kardinalskollegium, die aber bis heute verschollen zu sein scheinen, wäre im Hinblick auf die Darstellung des Ereignisses als eines Aktes göttlicher Vorherbestimmung gewiß von höchstem Interesse. Ob der Brief durch Boten oder durch eine Gesandtschaft an Maximilian überbracht wurde, ist nicht bekannt, ebensowenig, wie der Römische König die Nachricht von der Öffnung des Seeweges nach Indien fürs erste aufnahm. Maximilian näherte sich damals dem Tiefpunkt seiner poütischen Macht. Zu jener Zeit war er gezwungen, den schmählich verlorenen Schweizerkrieg mit dem Frieden von Basel zu beenden, zugleich mußte er tatenlos Zusehen, wie die Franzosen seinen wertvollsten Verbündeten, Herzog Lodovico Sforza, aus dem Reichslehen Mailand vertrieben. Der Augsburger Reichstag 1500 wird den König für eine Zeit völlig entmachten. Den Angriff der Türken zu Wasser und zu Lande vom Balkan her werden im Frühherbst 1500 Venezianer und Spanier allein abschlagen; der Römische König und künftige Kaiser, das weltliche Haupt der Christenheit, dem König Emanuel die Einheit der Welt und die Überwindung des Islam in Aussicht stellt, muß damals befürchten, daß der Papst die Leitung des geplanten Kreuzzugs und die Kaiserkrone seinem ärgsten Widersacher, dem König von Frankreich, übertragen wird75). Wie sehr aber Maximilian persönlich die Ereignisse um die Öffnung des Seeweges nach Indien beschäftigten, zeigen nicht allein die zuvor genannten Empfehlungsschreiben für die deutschen Kaufleute, sondern eine eigenhändige Notiz im Schreiben an den Tirolischen Kanzler und Gesandten an den Hof König Ludwigs XII. zu jenen Verhandlungen, die zu den Verträgen von Blois/Hagenau führen: Zum Wohle des Hauses Österreich solle Zyprian von Serntein sogar nach „Kalykut“ ziehen, „ist verrer dan gen Jerusalem“76). 73) Gerda Friess Edelsteine im Mittelalter (phil. Diss. Wien 1968) 31, 36ff, 38. 74) Martins Descobrimentos 3 549. 75) Wiesflecker Maximilian I. 2 314ff; 3 Iff, 71 ff, 78ff, 112ff, 145ff. 76) Maximilian an Zyprian von Serntein, 1503 Dezember 29: Tiroler Landesarchiv Innsbruck, Autographen. 2*