Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)

BROUCEK, Peter: Aus den Erinnerungen eines Kundschaftsoffiziers in Tirol 1914–1918

266 Peter Broueek eignisse der unmittelbaren Vergangenheit haben bewirkt, daß Rodler, der 1941 bis 1944 in Bukarest als Dienststellenleiter der Abwehr im Rang eines Obersten wirkte, über diesen Zeitabschnitt kaum Einzelheiten von Bedeu­tung - zumindest für die heutige Geschichtsforschung - niedergelegt hat. Er schrieb jedoch mehr über die Zwischenkriegszeit in Österreich und dürfte doch aus seinem Wissen über die von ihm bearbeiteten Belange der Krieg­führung im Ersten Weltkrieg Mitteilungen gemacht haben, die unser bisheri­ges Wissen bestätigen, erweitern oder auch in Einzelheiten in Frage stellen. Sie vermitteln wohl auch gewisse Einblicke in die Denkweise jenes Offiziers­korps, das auf die Politik im Rahmen der Kriegführung wesentlichen Einfluß ausübte. Erich Rodler wurde am 14. Mai 1884 in Würmla, Niederösterreich, als Sohn eines „böhmischen Landes-Ökonomie-Beamten“ geboren, war aber nach Adamstal (Adamov) bei Brünn.heimatzuständig12). Er beherrschte laut seiner Dienstbeschreibung „deutsch und böhmisch in Wort und Schrift vollkom­men“ und lernte später noch italienisch, die Regimentssprache. Er besuchte vier Klassen Realschule und dann die Infanteriekadettenschule in Prag, aus der er am 18. August 1903 als Kadett-Offiziersstellvertreter zum 3. Regiment der Tiroler Kaiserjäger ausgemustert und dort am 1. November 1904 zum Leutnant befördert wurde. Der Offizier frequentierte sodann von 1908 bis 1912 erfolgreich die Kriegsschule in Wien, wo er seine Ausbildung zum Ge­neralstabsoffizier erhielt. Er war ab 1. November 1910, zum Oberleutnant befördert, dem Generalstab zugeteilt, mit der Einteilung beim 88. Landes­schützenbrigadekommando in Bozen. Mit 1. Oktober 1913 wurde Rodler zum Landesverteidigungskommando in Innsbruck transferiert und mit 1. Mai 1914 zum Hauptmann im Generalstabskorps befördert. Wie Rodler in seinen Erinnerungen schreibt, hatte er sich schon als Truppenoffizier angesichts der Nähe der Grenze mit der Auskundschaftung neu erbauter italienischer Fe­stungswerke befaßt, — mehr oder weniger auf eigene Faust, aber mit wohl­wollender Duldung, wenn auch nicht Deckung, seiner Vorgesetzten. Schon in Bozen wurde Rodler zum praktischen Kundschaftsdienst verwendet, ab 1913 jedoch übernahm er unter dem Leiter der Kundschaftsstelle in Innsbruck beim XIV. Korpskommando, gleichzeitig Landesverteidigungskommando, die Leitung des Erkundungsdienstes. Ab 7. August 1914 wurde Rodler der Leiter der Kundschaftsstelle in Innsbruck und war somit neben dem Leiter der Kundschaftsstelle des III. Korps in Graz der führende Offizier für die nach­richtendienstliche Tätigkeit gegen Italien. Dies blieb Rodler bis Kriegsende: Denn er war ab 7. November 1914 auch mit der Führung der „Lageevidenz“, also der italienischen Truppenverschiebungen, betraut, ab 15. März 1916 der Kundschaftsoffizier des XI. Armeekommandos, das die Südtirol-Offensive 12) Alle Angaben zur Dienstlaufbahn in der k. u. k. Armee aus der Qualifikationsli­ste bzw. den diversen „Vormerkbögen“ zur Qualifikationsliste. Diese erliegen in KA Qualifikationslisten Fasz. 2458.

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