Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)

BROUCEK, Peter: Aus den Erinnerungen eines Kundschaftsoffiziers in Tirol 1914–1918

Aus den Erinnerungen eines Kundschaftsoffiziers in Tirol 265 Chefs des Evidenzbüros beziehungsweise der Nachrichtenabteilung beson­dere Bedeutung zu8). Ferner ist noch auf Arbeiten von Militärjoumalisten zu verweisen, die infolge besonderer persönlicher und dienstlicher Beziehungen einen besseren Einblick hatten und ihre Erfahrungen später auch publizier­ten9): Der Quellenwert solcher Arbeiten ist natürlich besonders problema­tisch und wäre in jedem Einzelfall erst festzustellen. Zur Seltenheit der Quelle selbst kam noch der Wille zur Beschränkung oder Verschleierung in der Aussage, den sich die Verfasser von Niederschriften von selbst oder nach freiwilliger „Zensur“ auferlegten. Solange vor allem ihre Darstellung, wie das der Dienststellung der Offiziere entsprach, von aktueller politischer Re­levanz für die Sieger, die Besiegten und die Nachfolgestaaten war oder noch lebenden ehemaligen loyalen Mitbürgern und Mitarbeitern daraus Schaden erwachsen konnte, wurden Memoiren nicht oder nur lückenhaft veröffent­licht10). An unpublizierten Werken dieser Art, die auch das Interesse der Forscher, die nicht auf dem Gebiet der Militärgeschichte arbeiten, beanspruchen kön­nen, wird im Kriegsarchiv ein Erinnerungswerk des k. u. k. Generalstabsoffi­ziers Erwin Rodler aufbewahrt, dem dieser den Titel Von Conrad bis Keitel gab11). Rodler hat darin Ereignisse und Erlebnisse seiner Laufbahn im Dien­ste der k. u. k. Armee, der Tiroler Heimwehr und der Tiroler Landesregie­rung sowie der Deutschen Wehrmacht festgehalten. Er tat dies maschin- schriftlich 1944/45 mit eher belehrendem als rechtfertigendem Akzent, wobei er allerdings als Mann, der dienstlich und privat mit Männern des 20. Juli 1944 vor seinem Ausscheiden aus dem Aktivstand des Deutschen Heeres mit 31. Dezember 1944 in Verbindung gestanden war, Vorsicht walten ließ. Die­ser Umstand und die schon erwähnte Rücksichtnahme auf Personen und Er­alten Österreich. Erinnerungen (Wien - München 1979) 2 68 ff. Univ.-Prof. Benedikt war als Reserveoffizier 1914—1916 in der Nachrichtenabteilung des AOK eingeteilt. 8) Feldmarschalleutnant August Urbanski von Ostrymiecz leitete das Evi­denzbüro von 1909 bis 1913 (nominell bis 1914). Er hat seine Erinnerungen in dem Ty­poskript Das Tomisterkind 309 S., o. J. (Kriegsarchiv Wien = KA Nachlaßsammlung = NA sign. B/58 n. 4) zusammengefaßt und zahlreiche Veröffentlichungen in drei Bänden Klebebüchern aneinandergereiht (ebenda n. 13). Die wichtigsten Memoirenpublikatio­nen - besser Gesamtdarstellungen - aller nachrichtendienstlichen Aktivitäten Öster­reich-Ungarns auf dem Gebiet des Heerwesens in seiner Funktionsperiode (1916-1918) hat Generalmajor Max Ronge verfaßt: Kriegs- und Industrie-Spionage. Zwölf Jahre Kundschafts dienst (Zürich — Leipzig - Wien 1930; mehrere Neuauflagen und Sonder­ausgaben) und Meister der Spionage (Leipzig - Wien 1935). Von dem zwischen 1914 und 1916 als Chef der Nachrichtenabteilung des AOK wirkenden Oskar Hranilovic v. Czvietassin befinden sich einige Fragmente aus seinen Erinnerungen sowie Korrespon­denzen bei Clemens v. Walzel Kundschaftsdienst oder Spionage? Erinnerungen eines alten Nachrichtenoffiziers (Leipzig - Wien 1934) 129 ff. 9) Emil Seeliger Hotel Sacher. Weltgeschichte beim Souper (Berlin 1939); dsbe Maulwürfe des Völkerringens (Berlin 1940). 10) In einzelnen unpublizierten Memoirenwerken haben Kundschaftsoffiziere die Publikationen ihrer Kameraden auch als zu aussagekräftig und daher als schädlich - wenn auch nur vorsichtig - kritisiert. “) KA NA sign. B/653, n. 1 (künftig: B/653, n. 1).

Next

/
Thumbnails
Contents