Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)
BROUCEK, Peter: Aus den Erinnerungen eines Kundschaftsoffiziers in Tirol 1914–1918
AUS DEN ERINNERUNGEN EINES KUNDSCHAFTSOFFIZIERS IN TIROL 1914-1918 Von Peter Broucek I Die Organisation eines militärischen Nachrichtendienstes in Österreich ist engstens mit der Entwicklung des Führungsapparates der Armee außerhalb der Militärverwaltung, dem Generalstab, verknüpft1). Als Generalquartiermeisterstab erfuhr dieser seine Ausgestaltung im Rahmen des stehenden Heeres des absolutistischen Zeitalters. Noch im sechzehnten Jahrhundert waren Nachrichten, auch solche militärischer Natur, in erster Linie über Gesandtschaften, Handelstreibende und sogenannte „Agenten“ an den einzelnen Höfen beschafft worden2). Zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges blühte die Nachrichtenbeschaffung unter anderem auch in der Form, daß sich einzelne Feldherrn und Diplomaten solche „Agenten“ in Nachrichtenzentren hielten oder für bestimmte Zwecke kauften3). Erst die Zeit des Prinzen Eugen brachte den Aufbau eines Kundschaftswesens im Felde und verhinderte dessen Auflösung in der nachfolgenden Friedensperiode. Als der Generalstab, dem das militärische Kundschaftswesen immer angegliedert war, 1769 sein erstes Generalsreglement erhielt4) und die Kriegführung Napoleons an einen Kundschaftsapparat bedeutend größere Anforderungen stellte, wurde in Österreich nach dem Ende des zweiten Koalitionskrieges 1801/02 „ein auch in Friedenszeiten bestehendes Korps für Kundschaftszwecke“ geschaffen. *) Eine ausführliche Geschichte des österreichischen müitärischen Nachrichtendienstes gibt es nicht. Vgl. die Literaturangaben in dem Überblick von Josef Reifberger Die Entwicklung des militärischen Nachrichtenwesens in der k. u. k. Armee in Österreichische Militärische Zeitschrift (1976) 213-223; vgl. ferner Max Gunzenhauser Geschichte des geheimen Nachrichtendienstes. Literaturbericht und Bibliographie (Schriften der Bibliothek für Zeitgeschichte 7, Frankfurt/Main 1968). 2) Josip Zontar ObvesCevalna Sluzba in Diplomacija Avstrijskih Habsburzanov V Boju Proti Turkom V 16. Stolejtu. Der Kundschafterdienst und die Diplomatie der österreichischen Habsburger in [sic] Kampf gegen die Türken im 16. Jahrhundert (Academia Scientiarum et Artium Slovenica Classis I: Historia et Sociologia. Opera 18, Ljubljana 1973). 3) Bedfich Sindelar Spionage und Bestechung in der Endphase des Dreißigjährigen Krieges in Sbornik Praci Filosoficke Fakulty Brnenske University 15 (1968) Roö- nik XVII, Rada Historickä 107-124. 4) Kurt Peball Das Generalsreglement der Kaiserlich-königlichen österreichischen Armee vom 1. September 1769 in Schriften des Heeresgeschichtlichen Museums in Wien 3 (1967) 81-128.