Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)

KRENDL, Peter: Ein neuer Brief zur ersten Indienfahrt Vasco da Gamas

Ein neuer Brief zur ersten Indienfahrt Vasco da Gamas 17 dern von seinem Hofe von einzigartigem Wagemut und Einsatzbereitschaft' anvertraut, und diese wären nun zurückgekehrt. Aber Vasco da Gama kam erst Ende August oder Anfang September 1499 nach Lissabon zurück62) - so lange hatte er auf den Azoren vergeblich versucht, seinem kranken Bruder Heilung zu verschaffen. Die weltgeschichtlich bedeutsame Nachricht von der Öffnung des Seeweges nach Indien hatte schon am 10. Juli 1499 Nicolau Co- elho überbracht63). Warum König Emanuel nahezu 7 Wochen später am 26. August König Maximilian von dem Ereignis benachrichtigt, ist nicht zu ergründen, wenn auch ein Hinweis auf das Datum der Rückkehr da Gamas durchaus denkbar wäre. Die wenigen geographischen Angaben des Briefes entsprechen in großen Zü­gen dem damaligen Kartenbild. Die Entfernungsangabe, 4000 spanische Mei­len für die Hinfahrt, entspricht grob gerechnet den Angaben Semigis, der 3800 Meilen nennt64). Die Angabe für die Dauer der Fahrt — zwei Jahre — stimmt fast auf den Tag genau, wenn die Rückkehr Coelhos gemeint wird. Der verschleierte Satz: ,,... passi omnia extrema, utpote omnium ignari in­certique quid sibi vitandum quid maxime petendum foret, sicuti semper in novis ac insolitis magnarum rerum experimentis omnia in principio sunt du­riora" spricht die Erlebnisse der Portugiesen auf ihrer Fahrt nur sehr un­vollkommen an. War die Hinfahrt, auch die Überquerung des Indischen Oze­ans, dank der kundigen Führung des Ibn Mäjid ohne größere Vorkommnisse verlaufen, so war der Empfang in Calicut kläglich, die Behandlung durch den Samorim entwürdigend, und nach dem überstürzten Aufbruch endete die Rückfahrt über den Indischen Ozean wegen der falschen Jahreszeit, der wi­drigen Winde, des Mangels an Trinkwasser und der zahlreichen Fälle von Skorbut beinahe mit einer Katastrophe65). Emanuel berichtet in jenem Satz, der wegen seiner Bedeutung für die Ent­deckungsgeschichte und die Klärung der Frage, ob der Bericht Pero de Co- vühäs Portugal erreicht hat, schon zuvor untersucht wurde, daß die Heim­kehrenden auch von der sehr bekannten Insel Taprobane, die man einmal für eine andere Welt gehalten habe, und von zahlreichen anderen Inseln Nach­richt überbracht haben. Hier verwendet Emanuel noch den alten Ausdruck, anders als in den anderen gleichzeitigen Quellen, in denen er bereits die neue Bezeichnung „Ceylon“ benutzt66). Das Taprobane der Antike, das nach der ptolemäischen Geographie eine eigene Ökumene beherbergte67), war in den 62) Teixeira de Aragäo Vasco da Gama 53ff; Peres Historia 330ff; Raven­stein A journal 94f; Hamann Der Eintritt 411. 63) Ebenda 410. 64) Sernigi ed. bei Ramusio Navigationi fol. 120v; vgl. Diario 2 71; Ravenstein A journal 134 Anm. 3. 65) Peres Historia 324ff, 328ff; Hamann Der Eintritt 384ff, 400f, 402ff, 404, 405f, 407ff; Machado Vasco da Gama 43ff, 55ff. 66) So an den Kardinalprotektor (bei Martins Descobrimentos 3 550 Zeüe 6), auch Sernigi (ed. Ramusio Navigationi) fol. 120v verwendet die neue Bezeichnung, nicht aber in den beiden Schreiben an das Katholische Königspaar. 67) Pauly-Wissowa Real-Encyclopädie der classischen Altertumswissenschaft Mitteilungen, Band 33 2

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