Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)
KRENDL, Peter: Ein neuer Brief zur ersten Indienfahrt Vasco da Gamas
Ein neuer Brief zur ersten Indienfahrt Vasco da Gamas 15 unbedeutenden Thomaschristen an der Malabarküste Indiens in der damals vorherrschenden Meinung, alle, die nicht der lateinischen Liturgie folgten, seien Häretiker51). Was hier als Tatsache hingestellt wird, die Auffindung des Priesters Johannes und der kryptochristlichen Völker in Afrika und Indien, stellte sich schon bald als Irrtum heraus. Dem Kaiser von Ethiopien und den wenigen isolierten christlichen Gemeinden an der Ostküste Afrikas kam machtpolitisch nur wenig Bedeutung zu, und das portugiesische Handelsimperium in Indien gründete sich nicht auf ein friedliches Zusammenwirken mit schon früh zum Christentum bekehrten und durch lange Trennung in ihren Verhaltensweisen absonderlich erscheinenden Völkern - dafür hatte man die Hindus gehalten —, sondern auf den unbarmherzigen Einsatz brutaler Gewalt und kriegstechnischer Überlegenheit52). Gleichsam beiläufig, wenn auch als Belohnung für die Mühen der Forschungen angesehen, erwähnt König Emanuel den direkten Zugang zu den indischen Märkten mit ihren in aller Welt begehrten Waren. Aber die Flotte da Gamas hat von den Gewürzen, Spezereien, Edelsteinen und Perlen keine großen Mengen, sondern nur geringe Quantitäten mitgebracht, und auch diese hatten die Portugiesen wegen der feindlichen Haltung der arabischen Händler nur unter größten Schwierigkeiten beschaffen können53). In seiner ganzen Bedeutung erkennt Emanuel sofort den Einbruch in das ägyptische Gewürzhandelsmonopol, der bei den traditionellen Handelspartnern des Sultans, den Venezianern, die ihrerseits ein Handels- und Verteüermonopol in Europa besaßen, den Beginn des Niedergangs bedeutete. Hoffte die Signorie von Venedig erst auf diplomatischem Wege 54) den König von Portugal in Unternehmungen im östlichen Mittelmeer zu verwickeln, oder, die hohen Kosten und die anfangs beträchtlichen Risken der „Carreira da India“ würden den Portugiesen das Geschäft verderben, so war es nach 1501, nachdem Cabrals Flotte schwerbeladen mit Spezereien und Gewürzen nach Lissabon zurückkehrte, bereits abzusehen, daß die große Zeit der Markusrepublik im Gewürzhandel vorbei war55). Venedig mußte auf andere Handelswaren auswei- chen und tat dies relativ rasch. Von Lissabon aus wird mm Europa mit Gewürzen versorgt werden, und die Könige von Portugal werden trotz allen Preisverfalls zu den reichsten der Alten Welt zählen56). 51) Berthold Spuler Die Thomas-Christen in Süd-Indien in Handbuch der Orientalistik (wie Anm. 46) 226ff. 52) Diffie - Winius Foundations 212ff, 220ff, 224ff und passim. 53) So Sernigi ed. bei Ramusio Navigationi fol. 120: .......hanno portate poche, e n on cosa che vaglia . .Hamann Der Eintritt 405f. 54) Vgl. Donald Weinstein Ambassador from Venice. Pietro Pasqualigo in Lisbon 1501 (Minneapolis 1961) passim. 55) Pierre Sardella Nouvelles et spéculations á Venise au début du XVI° siecle (Cahiers des Annales 1, Paris 1948) 33ff; Vitorino Magalhäes-Godinho L’Econo- mie de l’Empire portugais aux XV1 et XVI° siecles (Paris 1969) 713ff. 56) Ebenda 676ff und passim; Hans Pohl Die Portugiesen in Antwerpen (1567—1648). Zur Geschichte einer Minderheit (Vierteljahrsschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Beiheft 63, 1977) 165ff (dort zahlreiche einschlägige Literatur).