Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)
KRENDL, Peter: Ein neuer Brief zur ersten Indienfahrt Vasco da Gamas
14 Peter Krendl 15. Jahrhunderts erfuhren die Portugiesen in Bénim am Golf von Guinea die erregende Nachricht, im Inneren des Kontinents, wenn auch eine größere Anzahl von Tagesreisen entfernt, regiere der Priester Johannes das Reich „Ogané“. Konnte man um Afrika herumfahren, was damals noch nicht sicher war, so bestand die Möglichkeit des direkten Zuganges, und der islamische Sperrwall im Osten des Mittelmeeres war umgangen. Mit der Umschiffung des Kaps der Guten Hoffnung wurde die Lösung der Frage, ob beim weiteren Vordringen in die feindliche arabische und islamische Welt auf christliche Völker oder Gemeinden als mögliche Stützpunkte und Bundesgenossen zu stoßen sein würde, von höchst dringlicher Bedeutung, was auch die Ursache für die Entsendung Rabbi Abrahams und Josephs von Lamego gewesen sein dürfte47). Was nun Emanuel König Maximilian von der Auffindung des Priesters Johannes und den christlichen Völkern in Afrika und Indien mitteilte, gibt das Wissen wieder, wie es auch die gleichzeitige Quelle des Roteiro vermittelt: Auf ihrer Fahrt entlang der Ostküste Afrikas erhielten die Portugiesen mehrmals Nachrichten von einem christlichen Königreich im Inneren des Landes und von christlichen Gemeinden an der Küste. Ebenso meinten sie in Indien, in Calicut, auf Christen zu stoßen, hielten den Samorim, den Herrscher der Stadt, für einen Christen, und im Anhang des Roteiro findet sich eine ausführliche Aufzählung zahlreicher indischer Königreiche, von denen die mit christlichen Königen oder vorwiegend christlichen Untertanen vorherrschen48). Auch die neue Flotte unter Cabral, die Anfang 1500 nach Indien ausläuft und mit der Franziskaner für die Mission mitfahren - insofern sind also die Ankündigungen Emanuels richtig-, wird in der Annahme ausgesandt, daß der Samorim von Calicut tatsächlich Christ sei49). Wie aber schon im Brief an Maximilian mit dem Hinweis auf die Verhaltensweisen der indischen Christen, die sich kaum von jenen der Araber unterschieden, und dem Fehlen von Bischöfen und Priestern für die Führung und Lenkung im Glauben angedeutet und im Brief an den Kardinalprotektor deutlich ausgedrückt wird, daß man jene wegen der Form ihres Christentums für Ketzer halten müsse50), lag die Ursache für die späteren schlechten Beziehungen der Portugiesen zu den zahlenmäßig geringen und politisch wohl nuel Múrias 1 (Lisboa 1945) 97, 143f; Berthold Spuler Die Äthiopische Kirche in Handbuch der Orientalistik, hg. von B. Spuler, 1. Abt. 8/2: Religionsgeschichte des Orients in der Zeit der Weltreligionen (Leiden - Köln 1961) 309ff; De Witte Les Bulles 49 450ff, bes. 455 Anm. 3 (dort zahlreiche Literaturhinweise); 51 434, 453. 47) Beckingham Travels 8ff; Slessarev Prester John 86ff; Ravenstein A journal 24. 48) Diario 1 33, 43, 45, 49, 51, 54f, 60, 122ff; Jósé Pedro Machado Noticia de „certos rregnos que estam de Calecut pera a banda do suli“ (Lisboa 1970) 7 ff, 12ff; Hamann Der Eintritt 397ff. 49) William Brooks Greenlee The voyage of Pedro Alvares Cabral to Brazil and India (The Hakluyt Society 2nd Ser. 81, London 1938) XVII, XLII; Peres Historia 381. 50) Martins Descobrimentos 3 549: „ ... os quaees mais com verdade se deuem teer por herejes vista a forma de sua christiandade ...“.