Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)
KRENDL, Peter: Ein neuer Brief zur ersten Indienfahrt Vasco da Gamas
8 Peter Krendl ren Archivvermerk trägt, wird er wohl zum Grundstock des Bestandes Familienkorrespondenz gehört haben16). König Emanuel schreibt Maximilian in einem eher humanistischen Latein und in verschachtelten und verklausulierten Sätzen, auf dessen spezielle portugiesische Eigenarten nur dann ausführlicher eingegangen werden könnte, wenn, wie schon zuvor erwähnt, entsprechende Vergleichsmöglichkeiten vorhanden wären. Die Interpunktion und die Groß- und Kleinschreibung sind in der Edition normalisiert worden, womit sicherlich sehr eigentümliche Besonderheiten des Briefes verlorengegangen sind. Zur Wortwahl ist nicht viel zu bemerken. Die Bezeichnung „Ethiopia“ für Afrika wurde in der Übersetzung beibehalten, da dies kaum sinnstörend wirkt. Die Umschreibung „germani fratres“ für die Brüder17) Vasco und Paulo da Gama wird wahrscheinlich gebraucht worden sein, um sie von Mitgliedern des Christus-Ordens abzusetzen, der besonders unter Prinz Heinrich dem Seefahrer größte Bedeutung für die Entdeckungsuntemehmungen hatte. Zur Gewohnheit der Westeuropäer gehört es, Araber unterschiedslos als Mauren oder Sarazenen zu bezeichnen. Das „menzoi“ bei der Aufzählung der mitgebrachten Spezereien wurde mit ,Benzoeharz“ übersetzt. Dieses Wort wird in keinem gängigen Wörterbuch genannt, und es lag nahe, es als Verschreibung des „bemjoy“ anzusehen, das bei der Aufzählung der mitgebrachten Gewürze im Brief an den Kardinalprotektor angeführt wird18), wobei es sich wohl um eine portugiesische Form des mittellateinischen „benzoe“ handelt. „Ordinatio“ wurde mit .Bestellung“ und nicht mit dem sonst üblichen ,Weihe“ übersetzt, eine Änderung des Wortfeldes, die durch den Nachsatz „ ... qui eos in fide continere possent“ angeregt wurde. Vom Inhalt her enthält der Brief Emanuels einiges Bemerkenswertes. Es ist vor allem das ausgeprägte Selbstverständnis des von göttlicher Gnade Auserwähltseins 19), die Erwähnung einer uneingeschränkten Schenkung aller bereits entdeckten und noch zu entdeckenden Gebiete durch den Heiligen Stuhl, das bereits vollständig erkundete Indien bei der eher ungenauen Schilderung des Reiseweges der Entdeckungsflotte und der sichere Zutritt zu den Entdeckungen, den Emanuel dem Kaiser, dessen Ländern und dem Reich auf immerdar gewährt. Wie in keinem der anderen gleichzeitigen Briefe zur Öffnung des Seeweges nach Indien stellt Emanuel das Ereignis als vorbestimmtes Zeichen der göttlichen Gnade dar. Handelt es sich zwar nach den Darlegungen des Johannes Eck in seinem 1514 erschienenen Chrysopassus praedestinationis um eine so16) Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs 2 (Inventare österreichischer Staatlicher Archive 5/5, Wien 1937) 13ff, 2Iff über die Geschichte dieses Bestandes. 17) Vgl. A. C. Teixeira de Aragäo Vasco da Gama e a Vidigueira (Lisboa 1898) 6f, 26. 18) Martins Descobrimentos 3 549 Zeile 19. 19) Zur Motivation der Könige von Portugal vgl. Hamann Der Eintritt 37ff, 414ff.