Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)

KRENDL, Peter: Ein neuer Brief zur ersten Indienfahrt Vasco da Gamas

Ein neuer Brief zur ersten Indienfahrt Vasco da Gamas 9 genannte „uneigentliche Praedestination“20), so sind doch im Brief Emanuels wesentliche Voraussetzungen und Elemente angesprochen, wie die Gnade des göttlichen Beistandes, die verdienstlichen Werke und die Beharrlichkeit21). Den überreichen Lohn, den direkten Zugang zu den indischen Märkten mit seinen Gewürzen und Edelsteinen, nimmt Emanuel allerdings wie selbstver­ständlich als Belohnung für die langdauemden und kostspieligen Nachfor­schungen in Anspruch. Das Pathos der Gegenüberstellung mit den vergebli­chen Versuchen der Römer, Karthager und Alexanders des Großen, vom Ok­zident nach dem Orient um Afrika herumzufahren, ist nicht nur ein Pathos humanistischer Manier, das hier einmal nicht hohl klingt, sondern gewiß auch eine Gegenüberstellung mit den vergeblichen Versuchen der Heiden, die eben solcher Gnade nicht würdig waren; mehr aber noch: diese patheti­schen Worte verleihen der Großtat der Portugiesen den richtigen Stellenwert innerhalb der damals bekannten geographischen Verhältnisse22). Der Nach­satz, daß nun die Welt auch in den .fremden und abgewandten Gebieten gleichsam sich selbst zurückgegeben1 worden ist, zeigt im Grunde an, wie Emanuel die spanischen Unternehmungen des Kolumbus bewertete. Was Emanuel von der Schmälerung der Macht des Islam schreibt, stellt die Überwindung der „Machometica secta“ und die Einheit im christlichen Glauben in eine, wenn auch femeliegende Zukunft. Und all dies hat die Be­mühungen der Könige von Portugal zur Ursache: Schon bald nach der Einnahme von Ceuta 1415 beginnen die Portugiesen un­ter der kundigen Leitung Prinz Heinrichs des Seefahrers von Sagres aus, sich trotz vieler Rückschläge die afrikanische Küste von Kap zu Kap nach Süden hin vorzutasten. 1434 bezwang Gil Eanes das Kap Bojador, 1441 war Kap Branco erreicht, 1444 Kap Verde und 1460, im Todesjahr Prinz Heinrichs, das heutige Sierra Leone. In den siebziger Jahren des 15. Jahrhunderts drang man in den Golf von Guinea vor, 1482/84 fuhr Diogo Cäo auf seiner ersten Reise südlich der Mündung des Kongo - den man für einen Arm des Nil ge­halten hatte - und des Äquators bis zum Kap Santa Maria, 1485/86 bis zur Walfish Bai im heutigen Südwestafrika (Namibia). 1487/88 endlich umfuhr Bartholomeo Diaz die Südspitze Afrikas und gelangte bis zum heutigen Great Fish River in Natal. Als Vasco und Paulo da Gama zehn Jahre später zu ihrer Fahrt aufbrachen, waren etwas mehr als achtzig Jahre seit dem kühnen Angriff auf Ceuta verstrichen und nicht fünfzig, wie Emanuel schreibt, soferne er diese Zahl nicht synonymisch für ,langdauemd, lang“ ge­braucht. In diesen Jahren haben die Könige von Portugal und der vornehmlich mit den Entdeckungen betraute Christus-Orden mehr als 40 päpstliche Bullen 20) Vgl. Joseph Greving Johann Eck als junger Gelehrter (Reformationsgeschicht­liche Studien und Texte 1, Münster 1906) 108 ff. 21) Ebenda 121. 22) Vgl. Hamann Der Eintritt 412ff.

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