Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)
KRENDL, Peter: Ein neuer Brief zur ersten Indienfahrt Vasco da Gamas
6 Peter Krendl die Welt auch in den bisher fremden und abgewandten Gebieten gleichsam sich selbst zurückgegeben, im Namen der Christenheit wiederhergestellt und endlich ihrem Schöpfer und Erlöser unterworfen worden. Der König von Portugal erinnert dann an die Maximilian und der Christenheit bestens bekannten ,Bemühungen und heiligen Absichten seiner Vorfahren, unter großen Gefahren über den südlichen Ozean die ethiopischen und indischen Völker zu suchen und sie zum katholischen Glauben zu bekehren. Zu diesem Verdienst ist die sehr großzügige Schenkung des Apostolischen Stuhles all dessen gekommen, was bereits erforscht ist und von Späteren erforscht werden kann. Seit mehr als fünfzig Jahren wurden diese Nachforschungen unter großen Gefahren, unsäglichen Mühen und mit zahlreichen Verlusten an Menschen betrieben.“ Emanuel und die Regierung seiner Königreiche haben nun beschlossen, für die Beendigung dieser Nachforschungen die größten Anstrengungen aufzuwenden, haben deshalb vier für diese Fahrt bestens geeignete Schiffe bauen lassen und sie .zwei leiblichen Brüdern von unserem Hof von einzigartigem Wagemut und Einsatzbereitschaft“ anvertraut. Als niemand mehr an ihre Rückkehr glauben wollte, .gefiel es dem Herrn, für den kein Streben vergeblich ist, sie unverhofft zurückkehren zu lassen und das hohe Begehren mit höchstem Lohn zu entgelten. Wenn in den fünfzig Jahren der Nachforschungen die Schiffahrt nur 2000 spanische Meilen weit vorgestoßen ist, so haben jene, die Emanuel neuerdings nach Indien gesandt hat, allein auf der Hinfahrt das doppelte dieser Strecke zurückgelegt. Zwei Jahre nach ihrer Ausfahrt sind sie nun zurückgekehrt, viele Gefahren hatten sie zu bestehen, weil sie nicht wußten, wovor sie sich hüten und worauf sie vertrauen sollten.“ „In hac itaque navigationi nostri circumnavigata tota Aphrica pretervecti etiam Arabici et Persici sinuum ostia et omnem Felicis Arabie et Carmanie marittimam oram penetravere, tandem in Indiam ipsamque penitus exploratam nobis retulere necnon nominatissimam illam Taprobanam insulam alterum aliquando orbem existimatam cum innumeris aliis insulis.“ Anschließend an diesen wahrscheinlich wichtigsten Teil des Briefes fährt Emanuel fort: Im Binnenland Ethiopiens, unterhalb von Ägypten, befinde sich ein christliches Volk von großer Macht, dessen Oberherr allgemein als Priester Johannes bekannt sei. Auch in Indien gebe es viele Könige und Völker, die sich als Christen bezeichnen, nicht beschnitten sind und sich auch mit den Arabern nicht durch Heirat vermengen, wenn sie auch so eng mit ihnen Zusammenleben, daß man von ihren Verhaltensweisen her keinen Unterschied bemerken könne. Dennoch werde bei ihnen ein christlicher Kult ausgeübt, so daß man annehmen könne, sie seien zu Beginn der christlichen Verkündigung zum Glauben bekehrt, später aber durch das Dazwischentreten der mohammedanischen Sekte lange Zeit von der christlichen Gemeinschaft geschieden worden. Dadurch seien sie dem christlichen Glauben und Kult entraten und den Sitten und Bräuchen der Araber weitgehend verfallen, vor allem, weü sie keine Bestellung von Bischöfen und Priestern kennen, die sie, wie es notwen-