Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 33. (1980)

SCHRÖCKER, Alfred: Die Amtsauffassung des Mainzer Kurfürsten Lothar Franz von Schönborn (1655–1729)

Lothar Franz von Schönbom 107 Komplementärstück zu amtlich, ein nicht-amtlicher Bereich, fehlte, und zweitens, weil die positive Definition des Begriffes Amt sich nicht damit ver­einbaren läßt. Der Begriff enthält zweifellos die Vorstellung einer bestimm­ten Position, die der Amtsträger ausfüllt, eine festgelegte Rolle; der Amtsin­haber ist beauftragt und er wird in der Regel dafür besoldet. Die Position des geistlichen Fürsten in der Germania Sacra enthielt ver­schiedene Elemente. Die monarchische Stellung spricht gegen den Amts­aspekt, doch gibt es wichtige Gründe für die Auffassung seiner Herrschertä­tigkeit als Amt. Der Fürstbischof ist durch die Wahl mit seiner Regierungstä­tigkeit beauftragt; es handelt sich immer nur um einen persönlichen Auftrag auf Lebenszeit, nicht um eine Dynastie. Die Trennung zwischen nicht-amtli­chen (privaten) Angelegenheiten und öffentlich-staatlichem Amt war für ei­nen geistlichen Fürsten wie Lothar Franz von Schönborn in wesentlichen Punkten selbstverständlich. Nach der Wahl blieb der persönliche Besitz des geistlichen Fürsten prinzi­piell eigenständig, gleichgültig, ob er aus Allodialgütem, Lehen oder auch aus einem reichsunmittelbaren Territorium bestand. Für den Schönbom war dieser Punkt wesentlich, denn seit 1670 hielt er seinen väterlichen Erbanteil mit dem Zentrum Gaibach/Unterfranken. Während seiner Regierungszeit ge­lang es ihm, die Herrschaft Pommersfelden in Oberfranken zu erwerben und zu erweitern sowie im Ort ein eigenes Schloß zu errichten, das er nicht nur für sich selbst, sondern auch für zukünftige Schönbom-Generationen vor­sah4). Der gesamte private Besitz hatte mit seiner amtlichen Stellung als re­gierender Fürst nichts zu tun. Aus diesem persönlichen Interesse sowie aus den allgemeineren Hausinteres­sen, die ebenfalls auf Besitzmehrung zielten5), war Lothar Franz daran gele­gen, eine strenge Trennung durchzuführen. Denn nur dann konnte im stifti- schen Bereich der Besitz des Hauses über den Tod des Fürstbischofs hinaus gesichert werden6). Lothar Franz war diesbezüglich durch die Mainzer Pro­bleme nach dem Regierungsantritt des Kurfürsten Anselm Franz von Ingel­heim 1679 gewarnt: Dem Haus Schönbom wurden Pfänder und frisch er­worbene Besitzungen zum Teil wieder abgenommen7). Je stärker also Lothar Franz für sich persönlich und für sein Haus tätig wurde, desto wünschens­4) Quellen zur Geschichte des Barocks in Franken unter dem Einfluß des Hauses Schönbom I. Teü, 2 Halbbände, hg. v. Anton Chroust, Hugo Hantsch und Andreas Scherf (Augsburg 1931) sowie Max H. von Freeden (Würzburg 1955) 209, 223; Al­fred Schröcker Besitz und Politik des Hauses Schönborn vom 17. bis zum 18. Jahr­hundert in MÖStA 26 (1973) 216ff. 5) Schröcker Besitz und Die Schönborn. Eine Fallstudie zum Typus „materiell- konservativ“ in Blätter für deutsche Landesgeschichte 111 (1975) 209-231. 6) Alfred Schröcker Die Sicherung des Schönbomschen Hausbesitzes zur Zeit des Fürstbischofs Lothar Franz von Schönborn in Mainfränkisches Jahrbuch 29 (1977) 94 ff. 7) Ebenda 94f; Alfred Schröcker Die jungen Jahre des Lothar Franz von Schön­bom (1655-1693) in Berichte des Historischen Vereins Bamberg 112 (1976) 259.

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