Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 32. (1979)

HÖFLECHNER, Walter: Anmerkungen zu Diplomatie und Gesandtschaftswesen am Ende des 15. Jahrhunderts

Diplomatie und Gesandtschaftswesen am Ende des 15. Jahrhunderts 9 des Gesandtensystem in der Weise, wie es etwa Venedig oder auch Spanien schufen, hat Maximilian nicht unterhalten. Die Gründe dafür sind einleuch­tend: Der Römische König sah sich als das weltliche Oberhaupt der Chri­stenheit, das Reich verstand er als Zentrum des Abendlandes, also hatten die anderen Mächte ihre Gesandten zu ihm zu senden und nicht umgekehrt - ausgenommen natürlich Gesandte, die spezielle Geschäfte verhandelten19); eine ständige Vertretung Maximilians bei den anderen Mächten ist daher prinzipiell erst nicht zu erwarten20); sie wäre für ihn auch viel zu kostspielig gewesen21). Die große Ausnahme bildete dabei natürlich der Papst; an der beim Großfürsten von Moskau, von dem überliefert wird, daß er körperlich ein Riese und sonst ein sehr hochfahrender und streitbarer Herr gewesen sei. In den Jahren nach 1500 errangen sich Luca de Renaldis, Gaspar de Lupian (beide schon vor 1500 tätig), Matthäus Lang und vor allem Andrea dei Burgo einen gewissen Ruf. Die Rekrutierung der Gesandten erfolgte zum Großteü aus der erbländischen Verwaltung, dem erbländi­schen Klerus, wobei diese Männer bei Bewährung allerdings oft in die zentralen Be­hörden der habsburgischen Lande einrückten und damit dem Gesandtschaftsdienst in der Regel entzogen wurden; andere Gesandte waren zuvor Räte und Beamte anderer, Maximilian befreundeter Fürsten gewesen, ihm empfohlen worden oder aufgefallen. Das Prinzip der Nachbarschaftsdiplomatie spielt dabei eine wesentliche Rolle. Für die großen Missionen empfahlen sich freilich die welterfahreneren Italiener, die z. T. über Maüand in des Königs Dienst traten, und die Burgunder; sie besaßen meist eine juridi­sche Ausbildung und vor allem die erforderlichen Sprachkenntnisse. 19) Maximilian hat in den Jahren 1490-1500, gemeinsam mit seinem Vater, 109 na­mentlich bekannte und 11 namentlich unbekannte Personen in Gesandtschaftsdiensten verwendet, die Zahl der Missionen ist mit 138 etwas höher. Die Zahl der Gesandten ist dadurch etwas überhöht, daß bei mehreren großen Zeremonialgesandtschaften bis zu 10 Personen beteiligt waren. Zieht man diese Personen ab, so kommt man auf etwa 86 Gesandte. Die Behauptung bei Mattingly Renaissance Diplomacy 150, daß Maxi­milian nach dem Italienzug Karls VIII. den Aufbau eines Systems ständiger Gesandter nach dem Vorbüd der Spanier unternommen habe, trifft in bezug auf die Ständigkeit der Gesandten nicht zu. Wohl ist ein deutliches Ansteigen der Missionen festzustellen: vgl. Anhang; Gesandte, die sich länger bei ihren Adressaten aufhielten — was ja noch kein Kriterium für ihre Qualifikation als ständige Gesandte ist - waren lediglich Lu­pian in Spanien (erst 1497) und Schroffenstein in Venedig (vom Sommer 1495 bis in das Frühjahr 1496), beide wurden aber in speziellen Geschäften abgefertigt und nicht als permanente Vertreter Maximilians, wenn auch Lupian wenigstens in diese Rolle hineinwuchs. Es handelt sich also um Gesandte, die dem „Übergangstypus“ bei Ernst Über Gesandtschaftswesen 88 f entsprechen. 20) Ähnliche Gedankengänge verfolgte man ohne Zweifel auch in Frankreich (vgl. Anm. 6); über die geistigen Vorstellungen Karls VIII. in dieser Hinsicht gibt Labande-Mailfert Charles VIII 187 Auskunft. Karl ließ auch, nachdem er dem letzten Paläologen seinen Kaisertitel abgekauft hatte, Münzen mit der Aufschrift „Ca­rolus Imperator“ schlagen: Hermann Wiesflecker Maximilian I. und die Heilige Liga von Venedig (1495) in Festschrift W. Sas-Zaloziecky zum 60. Geburtstag (Graz 1956) 184. 21) Über die Kosten der Gesandtschaften wissen wir nur wenig; die elfeinhalb Mo­nate dauernde Mission des Andrea Trevisano nach England kostete 4300 Dukaten, die 25 Monate währende des Francesco Morosini in Neapel 4800, und Paolo Capellos 17 Monate in Rom beliefen sich auf 2900 Dukaten, deren Abrechnung sich in I Diarii di Marino Sanuto pubbl. per cura di Rinaldo Fulin, 3 (Venedig 1880) Sp. 848 findet (weiterhin zitiert Sanuto).

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