Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 32. (1979)
NEUHAUS, Helmut: Ferdinands I. Reichstagsplan 1534/35. Politische Meinungsumfrage im Kampf um die Reichsverfassung
32 Helmut Neuhaus Zu Maximilian I. stellte zuletzt Hermann Wiesflecker fest, er habe am 24. November 1494 „von Antwerpen aus seinen ersten Reichstag für kommende Lichtmeß 1495 in die Reichsstadt Worms“ berufen40). Aber auch hier findet sich - soweit wir sehen — in den Akten41) kein Anhaltspunkt für eine Berufung auf die Goldene Bulle, wird die entsprechende Bestimmung nicht als Grund für die Einberufung des Reichstages formuliert42). Vielleicht galt die Forderung nach dem ersten Reichstag des neugewählten Königs für erfüllt, weil Maximilian 1486 während eines allgemeinen Reichstages in Frankfurt gewählt worden war43). 1487 fand zwar ein Reichstag in Nürnberg statt, aber dort war der König nicht anwesend44). Auf den folgenden Reichstagen bis zu Friedrichs III. Tod (19. August 1493) in Linz vertrat Maximilian I. dann - ohne dort immer in seinem Sinne gehandelt zu haben — häufig den alten Kaiser45), der nichts von seinen Rechten abgegeben hatte. Dies wird besonders deutlich am Verbot eines geplanten Frankfurter Reichstages 1491 durch Friedrich III.46). Die Frage der Abhaltung des ersten Reichstages in Nürnberg durch einen vivente imperatore gewählten Römischen König ist demnach erstmals nach der Wahl Ferdinands I. 1531 aktuell geworden. Sie stellte sich freilich nicht im Zusammenhang mit dem Regensburger Reichstag von 1532 und seiner 1531 beginnenden Vorgeschichte. Zwar hatte Ferdinand seit seinem Brief vom 27. April 1531 aus Prag47) den Kaiser immer wieder gedrängt, einen Reichstag einzuberufen48), und sich davon seine allgemeine Anerkennung als rex Romanorum versprochen49), aber er sah in einem solchen Reichstag nicht jene von der Goldenen Bulle vorgeschriebene Versammlung der Reichsstände. Schon am 27. März 1531 hatte der König aus Brünn an Karl V. geschrieben, 40) Wiesflecker Maximilian I. 1 387 mit Anm. 15, 539. Vgl. auch Schubert Die deutschen Reichstage 111; Schröck er unio atque concordia 177 ff und zuletzt Heinz Angermeier Bayern und der Reichstag von 1495 in HZ 224 (1977) 580—614, hier 581. 41) Sie werden im Rahmen des Editionsunternehmens der Deutschen Reichstagsakten durch die Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften von Heinz Angermeier bearbeitet. 42) Vgl. etwa Reichstaqs-Abschied und Gesetze von dem Jahr 1495 in RA 2, Worms 1495, 3-29. 43) Schubert Die deutschen Reichstage 112. - Zu den Reichstagen dieser Zeit Schröcker unio atque concordia und noch immer wichtig Fritz Hartung Die Reichsreform von 1485 bis 1495. Ihr Verlauf und ihr Wesen in Historische Vierteljahrschrift 16 (1913) 24—53, 181-209; ferner Rudolf Bemmann Zur Geschichte des Reichstages im XV. Jahrhundert (Leipziger historische Abhandlungen 7, Leipzig 1907). 44) Schröcker unio atque concordia 57. 45) Ebenda 85 ff, 98 ff, 109 ff. 46) Ebenda 107f. 47) Herwig Wolfram und Christiane Thomas [Bearb.] Die Korrespondenz Ferdinands I. 3: Familienkorrespondenz 1531 und 1532 (Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs 58, 1. Lieferung, Wien 1973) 107 ff n. 482 (zit. FK). 4S) FK 112 n. 482 Punkt 9. 49) Besonders deutlich zum Ausdruck gebracht in seinen Schreiben aus Innsbruck vom 16. November (FK 378 ff n. 587, vor allem 381) und 19. November 1531 an KarlV. (386ff n. 588, vor allem 388: 2. Lieferung, Wien 1977).