Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 32. (1979)

NEUHAUS, Helmut: Ferdinands I. Reichstagsplan 1534/35. Politische Meinungsumfrage im Kampf um die Reichsverfassung

Ferdinands I. Reichstagsplan 1534/35 33 seine Beteiligung am Reichsregiment der neuen Form könne nicht wirksam werden, solange der Kaiser im Reich anwesend sei50). Anfängliche Skepsis des kaiserlichen Bruders gegenüber dem Erfolg eines Reichstages im Mai 1531 - Karl verwies vor allem auf seine Erfahrungen mit früheren Reichsta­gen51) — wurde dann durch die Einsicht in die Notwendigkeit einer solchen Versammlung verdrängt, wenn es vorher zu einer Einigung mit den Prote­stanten kommen sollte52). Mitte Juni 1531 war Karl V. bereit, in zwei Mona­ten zu einem Reichstag ins Reich zu kommen, teilte mit, daß er die Verhand­lungsgegenstände in seinem Ausschreiben so allgemein wie möglich formulie­ren wolle, damit kein vorzeitiger Streit den Reichstag gefährde53), und schrieb am 1. Juli 1531 von Brüssel aus „ainen nit langwerend sonder kurtz Reichstag“ auf den 14. September 1531 nach Speyer aus54). Auf die Aner­kennung der Königswahl Ferdinands und die Glaubensfrage sollte erst wäh­rend des Reichstages die Sprache gebracht werden55). Der für Speyer vorgesehene Reichstag56) mußte dann am 8. Oktober 1531 ebenfalls noch aus Brüssel auf den 6. Januar 1532 nach Regensburg verscho­ben werden57), wo die Frage der Königswahl vivente imperatore so gut wie keine Rolle spielte58). Lediglich nach Verlesung und Publizierung des Re­gensburger Reichsabschiedes vom 27. Juli 1532 hat Karl V. am 29. Juli ,,un- geferlich nachgeschrieben maiming mundtlich reden lassen“59): Der Kaiser 50) FK 81 ff n. 472, hier 85f. - So ist denn auch der schließlich 1532 in Regensburg stattfindende Reichstag einzuschätzen, an dem Ferdinand zwar persönlich teilnahm - das Haus Österreich wurde allerdings von Gaudenz von Madrutz vertreten -, der aber allein eine Veranstaltung des an die Donau gereisten Kaisers war; vgl. den Reichstagsabschied vom 27. Juli 1532 in RA 2, 1532, 352-365. Zu diesem Reichstag insgesamt Ascan Westermann Die Türkenhilfe und die politisch-kirchlichen Par­teien auf dem Reichstag zu Regensburg 1532 (Heidelberger Abhandlungen zur mittle­ren und neueren Geschichte 25, Heidelberg 1910). 51) So Karl V. in einem Brief aus Gent an Ferdinand I., der zwischen dem 16. und 21. Mai 1531 verfaßt, dann aber nicht abgeschickt worden war: FK 129—134 n. 489, bes. Punkte 4-6 (132 f). 52) FK 135 n. 490 (Karl an Ferdinand, 1531 Mai 21 Gent). 33) FK 156 n. 498, bes. Punkt 6 (Karl an Ferdinand, 1531 Juni 14 Gent). 54) Das Ausschreiben an den Kurfürsten von Mainz in HHStA Mainzer Erzkanz­ler-Archiv Reichstagsakten (zit. MEA RTA) 6 a II fol. 60rv. s5) wie Anm. 53. 56) FK 510-516 n. 504. 57) HHStA MEA RTA 6 a II fol. 61 rv. Begonnen wurde der Reichstag erst am 17. April 1532 mit der kaiserlichen Proposition: ebenda fol. 62 ff; ferner in HHStA RK RTA 5 B fol. lrff. 55) Schon Winckelmann Der Schmalkaldische Bund (wie Anm. 9) 253f stellte fest, daß die Frage der allgemeinen Anerkennung der Königswahl Ferdinands - ob­wohl sie zu den wichtigsten Angelegenheiten des Reichstages gehören sollte - „trotz­dem während der ganzen Tagung [...] niemals öffentlich berührt wurde“, da die Reichsstände schon in den Sachproblemen dem Kaiser nicht wohlgesonnen waren. Vgl. auch Westermann Türkenhilfe 163 Anm. 1. 59) HHStA MEA RTA 6a H fol. 436r; ferner ließ der Kaiser noch einmal eindring­lich zur Türkengefahr Stellung nehmen und dann ersuchen, die bewilligte Hilfe ohne Verzug zu leisten (ebenda fol. 436v-438r). Mitteilungen, Band 32 3

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