Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 32. (1979)

HÖFLECHNER, Walter: Anmerkungen zu Diplomatie und Gesandtschaftswesen am Ende des 15. Jahrhunderts

Diplomatie und Gesandtschaftswesen am Ende des 15. Jahrhunderts 13 Verhandlungen mit Maximilian und den anderen bei Maximilian selbst un­mittelbar vertretenen Ligamächten einerseits und Heinrich VII. von England andererseits zu besorgen bemüht waren und je nach dem Stand der Dinge ihre Heiratsverhandlungen vorantrieben bzw. verzögerten. Durch die zwar nicht kontinuierlichen, aber von Fall zu Fall eben doch wirksamen unmittel­baren diplomatischen Beziehungen zwischen Heinrich VII. und Maximilian I. kam es jedoch in diesem System hin und wieder zum Kurzschluß und zu Fehlaktionen der spanischen Könige auf Grund der Langsamkeit des Infor­mationsflusses27). — Krassere Beispiele für Schwierigkeiten dieser Axt erge­ben sich bei der Betrachtung des osteuropäischen Raumes. Als Maximilian in den Jahren nach 1488 seine Beziehungen zum Großfürsten von Moskau auf­baute, um mit seiner Hilfe gegen Ungarn vorzugehen, während sich der Großfürst Hilfe gegen den Jagiellonen in Litauen erhoffte, spielten sich die diesbezüglichen Verhandlungen in größter Umständlichkeit und Langsamkeit ab; dies umso mehr, als die russischen Gesandten keine Gesandten im westli­chen Sinne, sondern eher Boten, „lebende Briefe“ ihres Herrn waren. Die Laufzeit einer Gesandtschaft - andere Nachrichtenübermittlungen wurden nicht benützt — lag hier in eine Richtung bei vier bis sechs Monaten28). Die Erfahrungen, die die einzelnen Staaten beim Eintreten in eine so weit­räumige Politik und damit auch in eine neue Dimension des Gesandtschafts­wesens machten, erwiesen die Notwendigkeit einer Verbesserung des Systems unter zwei Aspekten: durch die Einrichtung einer ständigen Vertretung bei ausgewählten Mächten und durch die Verbesserung des Nachrichtensystems. Natürlich traten nicht alle Mächte untereinander durch ständige Gesandte in Kontakt; im Gegenteil, auch nach 1500 standen relativ wenige Staaten auf diese Weise in Beziehung. Eine Veranlassung dazu war nur gegeben, wenn einigermaßen gute Beziehungen herrschten und auch offene Fragen oder ge­meinsame Pläne vorhanden waren, deren Behandlung und Verfolgung aus­stand; eine ständige Vertretung bedeutete einen nicht unwesentlichen Ko­stenaufwand, einmal in der Bezahlung des Gesandten, dann aber vor allem durch die Nachrichtenverbindung, die man aus Sicherheitsgründen - trotz des vor allem im romanischen Raum schon hoch entwickelten Chiffrierwe­sens — selbst besorgen wollte. 27) Darüber Höflechner Diss. 1 98-105; eine wesentliche Rolle spielte dabei Ma­ximilians Verhältnis zum englischen Thronprätendenten Perkin Warbeck, der im Sommer 1495 einen Landungsversuch in England unternahm. - Vgl. auch Sägmüller Anfänge 294. 2S) Im Mai 1492 fertigte der Großfürst Gesandte an Maximilian ab, die die Bünd­nis- und Heiratsverhandlungen weiter verfolgen sollten. In den Quellen heißt es, der Gesandtschaftsführer habe erst in Lübeck von der Existenz des Preßburger Vertrages vom 3. November 1491 erfahren, der seine Mission sinnlos machte; ob nun Ivan III. tatsächlich davon keine Kenntnis hatte oder seine eigenen Gesandten nur täuschte und Maximilian zum Bruch des Preßburger Vertrages verleiten wollte, muß dahingestellt bleiben; sicher ist, daß er die Situation falsch eingeschätzt hat, denn sonst hätte er die Gesandtschaft erst gar nicht abgefertigt. Die Gesandten erreichten Maxiimban übri­gens erst zu Beginn des Jahres 1493 in Kolmar: Höflechner Die Gesandten n. 17.25.

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