Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 32. (1979)

HÖFLECHNER, Walter: Anmerkungen zu Diplomatie und Gesandtschaftswesen am Ende des 15. Jahrhunderts

Diplomatie und Gesandtschaftswesen am Ende des 15. Jahrhunderts 7 man gerechterweise aber daran erinnern, daß eine wesentlich neue Situation mit alten Mitteln zu meistern war, denn der diplomatische Apparat des Rei­ches entsprach keineswegs jener Institution, die etwa der Signorie von Vene­dig zur Verfügung stand14). Maximilian stand auch in dieser Hinsicht an einer Zeitenwende: Die Ausformung des Gesandtschaftswesens, des ganzen diplomatischen Apparats in den einzelnen europäischen Staaten wies von den Höhen des romanischen Raumes nach dem Nordosten hin ein starkes Ge­fälle auf — vielleicht in Relation zur Dichte der Kontakte zwischen den ein­zelnen Staaten das größte, das es je gegeben hat15); wenige Jahrzehnte später wird die in Aufbruch und Ausweitung befindliche Institution des Gesandt­schaftswesens bereits einer internationalen Regelung bedürfen und eine ge­wisse Nivellierung in Europa eingetreten sein. Die Gründe für die Rückständigkeit im Reich sind vielfältig: Von der Struk­tur des Reiches her fehlte es an der Ausbildung einer wirklichen Zentrale, aus der sich ausgebildete und versierte, erfahrene Gesandte hätten rekrutie­ren können, und an den für einen wirksamen diplomatischen Apparat not­wendigen Geldmitteln16). Während in den Nationalstaaten des Westens die bringe. Besäßen sie aber einen Teü oder ganz Italien, so wollten sie auch Sizüien ha­ben. Dann müsse er wieder Krieg beginnen, um den Spaniern beizustehen. Geselle sich aber zur Macht Frankreichs die Kraft Italiens, so werde nichts sicher sein, weder Bur­gund, noch Sizilien, noch Spanien, weder Österreich, noch das Reich, denn der Fran­zose werde dann nach der Kaiserkrone streben. Deswegen sei es besser, die Länder des Erzherzogs zu verlieren, als alles aufs Spiel zu setzen. Was man dagegen machen kön­ne, sei, alle Verbündeten gegen Frankreich zu einen und es von allen Seiten anzugrei­fen. So wären alle in Sicherheit. Lasse man Frankreich stark werden, so werde nichts, weder hier noch dort geschützt sein“. 14) Über das venezianische Gesandtschaftswesen wurde viel geschrieben; hier sei immer noch verwiesen auf Alfred von Reumont Beiträge zur italienischen Ge­schichte 2: Italienische Diplomaten und diplomatische Verhältnisse im 13.-16. Jahr­hundert (Berlin 1853), ein Werk, von dem die Literatur bis in die Gegenwart zehrt; auf Willy Andreas Staatskunst und Diplomatie der Venezianer im Spiegel ihrer Gesand­tenberichte (Leipzig 1943), auf Garrett Mattingly Renaissance Diplomacy (London 1955) und Queller, der den Großteil seiner Darstellung aus venezianischen Quellen bestreitet: hier auch weitere Literatur; eine Zusammenfassung gibt Höflechner Diss. 2 passim. ls) Es ist dies ein Umstand, der in der Literatur zum Gesandtschaftswesen so gut wie gänzlich außer acht gelassen wird; er spiegelt sich auch im Entwicklungsstand des Chiffrewesens wider. 16) Sich von der finanziellen Lage Maximilians I. die richtige Vorstellung zu ma­chen, ist von wesentlicher Bedeutung für die richtige Einschätzung nicht nur seines Handelns, sondern auch der Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis, zwischen Vor­stellung, Tradition und Verpflichtung einerseits und Verwirklichungsmöglichkeiten andererseits. 1496 wurde Bianca Maria, die Gemahlin Maximilians, in Worms als Pfand für 12.000 Dukaten festgehalten; die Königin besaß zeitweise nicht einmal die für den Empfang hoher Besucher nötigen Gewänder. Auch konnte es passieren, daß Maximilian seiner Umgebung seine Pläne entwickelte und die Kampfhandlungen er­läuterte und eben in diesem Augenblick ein Bote mit der Mitteilung erschien, daß aus Mangel an Sold seit einem Tage nicht mehr gekämpft würde. Bei Wiesflecker Ma­ximilian finden sich unzählige Hinweise auf diese Schwierigkeiten. - Es darf aller­dings nicht verschwiegen werden, daß auch die Gesandtschaften anderer Mächte unter

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