Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 32. (1979)

HÖFLECHNER, Walter: Anmerkungen zu Diplomatie und Gesandtschaftswesen am Ende des 15. Jahrhunderts

6 Walter Höflechner Dieser Verlockung zu erliegen und mit unzureichenden Mitteln an der Ver­wirklichung großer, mit seinen damaligen Mitteln eben nicht zu verwirkli­chender Pläne immer wieder zu scheitern, das war das Schicksal jenes Man­nes, dem „eine ungewöhnliche politische, strategische und künstlerische Phantasie... in rascher Folge immer neue Entwürfe vor Augen“ stellte12). Tatsächlich war Maximilian ja schon zu seiner Zeit und mehr noch im 19. Jahrhundert schwerster Kritik ausgesetzt, indem man ihm vorwarf, in seinen Unternehmen von jähem Wechsel und Unstetigkeit gewesen zu sein, „das Begonnene stehe zum Erreichten in keinem günstigen Verhältnis“, ein Projekt habe das andere gejagt13). Ohne in eine Apologie zu verfallen, muß im Osten und Westen erforderten, daß aber der eigentlich interessante Augenblick der aktiven Koppelung der beiden politischen Systeme West und Ost damals noch nicht eingetreten ist. In dieser Hinsicht ist auf die Rolle der italienischen Mächte zu verwei­sen: Ab 1496 finden sich immer wieder maüändische, ab 1498 ferraresische, ab 1499 Florentiner Gesandte, solche aus Mantua und Montferrat und 1500 auch Neapolitaner an der Pforte, die diese in ihren Kriegsplänen gegen die Signorie von Venedig bestär­ken. Aus diesem Grunde sandte Ludwig XII. - der 1499 zwischen ihm und der Signo­rie geschlossenen Liga von Blois entsprechend — im Jahre 1500 Gesandte an die Pforte, um dieser mit seinem Kriegseintritt auf der Seite Venedigs zu drohen: Höflechner Die Gesandten n. 9.39. Es ist dies der erste Nachweis für französisch-türkische Kon­takte in diesem Jahrzehnt - ob es vorher französische Gesandtschaften an die Türken gegeben hat, weiß ich nicht -, vorerst noch unter negativen Aspekten, doch war die Zeit der französisch-venezianischen Feindschaft und damit des türkischen Bündnisses der Franzosen nicht mehr allzu fern. Ebenso kam es im Jahre 1500 - wiederum über die Signorie von Venedig - zu eingehenden Verhandlungen zwischen Ludwig XII. von Frankreich und Wladislaw II. von Böhmen und Ungarn, die am 14. Juli d. J. zum Ab­schluß einer Liga „contra quoscumque excepto il papa e l’imperio legitime congrega­to“ zwischen Frankreich, Venedig und Ungarn führten, einem für Habsburg sehr be­denklichen Bündnis, dem auch noch Johann Albrecht von Polen beitrat, das durch die Klausel „amicus amici et inimicus inimici“ verschiedene Möglichkeiten bot und durch einen französisch-ungarischen Heiratsvertrag bestärkt wurde; das Bündnis war aller­dings gegen die Türken gerichtet, es stellt aber eine Konstellation dar, die das Reich in bedrohlicher Weise umfaßte und jederzeit eine Entwicklung von wahrhaft europä­ischem Ausmaß hätte auslösen können; Höflechner Die Gesandten n. 9.103. 12) Wiesflecker Maximilian 1 408. 13) Ebenda 41. Schon der 1498 bei Maximilian weüende spanische Gesandte Guti- erre Gomez de Fuensalida sprach den König auf die Unstetigkeit seiner Pläne an. Aus dem sich daraus ergebenden, hochinteressanten Gespräch ist Maximilians Europabild im Frühsommer 1498, ehe ihm die Friedensverträge von Paris und Marcussis bekannt wurden, zu erkennen; Zitat nach Peter Krendl König Maximilian I. und Spanien. 1477—1504 (ungedr. phil. Diss. Graz 1970) 110: „Der Spanier sprach den König wegen seiner schwankenden Haltung zu Frankreich und seiner veränderlichen Kriegspläne an und meinte, einmal sage Maximilian, er könne seine Länder jederzeit, wenn er wolle, ohne Gewalt zurückgewinnen, ein andermal sage er, er könne seine Länder nur durch Krieg zurückgewinnen. Fuensalida: Wenn die Italiener nicht das täten, was ihnen zu ihrem Vorteil gereiche, den König also nicht unterstützen wollten, warum er sich nicht mit Frankreich verständige, wenn er ohne fremde Hilfe seine Ziele nicht erreichen könne? Von dieser unklaren Haltung könne man nur erwarten, daß die Länder des Erzherzogs für immer verloren gingen. Maximilian: Könnte er den Franzosen vertrau­en, so hätte er sich schon mit ihnen verständigt und Italien fallen gelassen. Die Fran­zosen erfüllten ohne Ausnahme ihre Versprechungen nur dann, wenn es ihnen Vorteil

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