Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 31. (1978) - Festschrift für Richard Blaas
Anna Hedwig BENNA: Die Republik Österreich und Sancta Maria de Anima in Rom (1918-1938)
484 Anna Hedwig Beírna bayerische Gesandtschaft ein Mitglied dieses Verwaltungsrates stellen wollte, dagegen nicht Stellung zu nehmen, denn bei den geänderten Machtverhältnissen könne es sich für Österreich nicht darum handeln, eine präferentielle Stellung einzunehmen, die de facto ohnehin nicht mehr bestünde, sondern nur darum, auch weiterhin einen festen Fuß in der Anima zu haben132). Die Bedeutung der Besetzung des Rektorspostens der Anima durch einen Österreicher erkannte auch das Kultusamt: Sobald der jetzt 85jährige Kurienkardinal Frühwirth nicht mehr am Leben sein werde, werde der Rektor der Anima den einzigen geistlichen Vertreter Österreichs an der römischen Kurie darstellen133). Der neue Kardinalprotektor wies in einer improvisierten, aber in tadellosem Deutsch anläßlich seiner Installation von der Kanzel der Animakirche gehaltenen Ansprache auf die Verbundenheit der Gottesmutter im Wappen der Anima mit dem Doppeladler und damit auf die Verbundenheit der Anima mit Österreich hin. Außer dieser Andeutung an die Adresse Österreichs fanden sich in seinen Ausführungen Anspielungen auf die verschiedenen Teilnahmeberechtigten; Kohlruss gewann dennoch aus den Ausführungen Pacel- lis den Eindruck, daß dieser Österreichs Wünschen wohlwollend gegenüberstand134). Dieser Eindruck verstärkte sich nach einem Gespräch, in dem sich der Kardinalprotektor den Ausführungen Kohlruss’ gegenüber, der die Verdienste Österreichs um die Anima in Vergangenheit und Gegenwart unterstrich und vor allem die erfolgreiche österreichische Intervention bei der italienischen Regierung, die die Anima vor einem Verlust von 300.000 Lire an Vermögensabgabe bewahrte, hervorhob135), rezeptiv verhielt und Änderungen in der gegenwärtigen Lage nicht als aktuell bezeichnete. Kohlruss hatte nun die Absicht, in weiteren Gesprächen mit Kardinal Pacelli immer wieder auf die Animafrage zurückzukommen und so eine Atmosphäre zu schaffen, die den Kardinalprotektor Überrumpelungen von deutscher Seite gegenüber immun machen sollte136). Eine vom Kultusamt angeregte Aussprache der österreichischen mit der Reichsregierung über die Besetzung des Rektorpostens könnte im Moment im Vatikan nur ungünstig wirken. Dagegen hielt Kohlruss eine Wortmeldung des österreichischen Episkopats zur Animafrage in Rom für weit wirkungsvoller137). Diese Ansicht teilte auch Kardinal Piffl, der eine Aussprache Wiens mit Berlin für ein Zeichen der Schwäche Öster132) HHStA NPA 319: BKA AA ZI. 26.046-13/30, Bericht Rom V. ZI. 17, 1930 März 7. 133) Ebenda: BKA AA ZI. 27.047-13/30, BMU Kultusamt an BKA AA ZI. 13.109, 1930 Mai 7. “) Ebenda: BKA AA ZI. 23.375-13/30, Bericht RomV. ZI. 34, 1930 Mai 19. 135) Ebenda: BKA AA ZI. 27.450-13/30, Bericht Rom V. ZI. 234, 1930 Mai 30. Akten zur Steuerfrage („imposta sui patrimonio“) aus den Jahren 1922-1929 erliegen ebenfalls in NPA 319. 136) Vgl. oben Anm. 135. 137) HHStA NPA 319: BKA AA ZI. 27.450-13/30, Note des BKA AA an BMU, 1930 Juni 16; Bericht Rom V. ZI. 34, 1930 Mai 23.