Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 31. (1978) - Festschrift für Richard Blaas
Anna Hedwig BENNA: Die Republik Österreich und Sancta Maria de Anima in Rom (1918-1938)
476 Anna Hedwig Benna die italienische Publizistik sehr positiv: Diego Angeli meinte in einem Artikel im Giornale d’Italia („Per un’ambasciatore“), wenn ein Vorwurf gegen diese Wahl, die zweifellos einen Bruch mit den Usancen der Vergangenheit darstellte, erhoben werden könne, sei es nur der, daß dieser Mann zu groß für den kleinen Staat sei, den er repräsentiere88). Der neue österreichische diplomatische Vertreter beim Hl. Stuhl, dessen Akkreditierung der Tätigkeit der seit den ersten Novembertagen 1918 in Bern amtierenden liquidierenden k. u. k. Botschaft beim Hl. Stuhl ein Ende setzte89), unterstützte sehr wirkungsvoll die Tätigkeit Rektor Brenners, der nach Ansicht des Bundesministeriums des Äußern in den Jahren nach 1918 eine verläßliche Stütze der österreichischen Interessen im Vatikan darstellte und dessen Geschick es zu verdanken sei, daß Österreichs Vormachtstellung in der Anima auch die Absetzung der Dynastie überdauert habe90). Die österreichische Regierung bekundete schon 1919 lebhaftes Interesse an der Anima. Das Staatsamt des Äußern leitete im Dezember 1919 ein von der österreichischen Bischofskonferenz, die sich im November eingehend mit den Problemen der Anima befaßt hatte91), ausgearbeitetes Memorandum, das für den Hl. Stuhl bestimmt war und die berechtigten Wünsche des österreichischen Episkopats und der österreichischen Gläubigen enthielt, an die Wiener Nuntiatur weiter und gab selbst der Hoffnung Ausdruck, der Hl. Vater werde den Gläubigen Österreichs sein Wohlwollen angesichts der von den Belgiern und Holländern auf das Vermögen der Anima erhobenen Forderungen nicht versagen92). Das Staatsamt für Äußeres war 1920 der Ansicht, das Protektorat über die Anima gebühre der Republik Österreich, da diese durch den Friedensvertrag von St. Germain die Erbschaft der untergegangenen Monarchie übernommen habe. Sie sei mit dieser Erbschaft belastet worden, ohne daß man ihr das beneficium inventarii gewährt habe. Da sie die Lasten zu 88) HHStA N. Admin. Reg. 81 (Personalakt Pastor): ÖStaA ZI. 24413/1920; Bericht Rom V. ZI. 6, 1920 April 1. Vgl. Pastor Tagebücher 678; Engel-Janosi Österreich und der Vatikan 2 346; dsbe Vom Chaos 17. s9) HHStA Ges. A. Rom V. V 9: Liquidierende Botschaft Rom V. an Dr. Ludwig von Flotow, Leiter des liquidierenden Ministeriums des Äußern, 1920 Februar 10 Bern. Zur Liquidierung der Auslandsorganisation des k. u. k. Ministeriums des Äußern vgl. Erwin Matsch Die Auflösung des Österreichisch-ungarischen Auswärtigen Dienstes 1918/20 in MÖStA 30 (1977) 303, 305. 90) HHStA NPA 319, ÖMA ZI. 3795/1 A 1921: Schreiben des BMA an Bundesminister für Finanzen Dr. Grimm, 1921 August 17. 91) Erika Weinzierl Der Episkopat in Kirche in Österreich 1918—1965 1 (Wien 1966) 29. 92) HHStA NPA 319 (Liasse Österreich 3/111)-. Kardinal Erzbischof von Wien Dr. Gustav F. Piffl an Unterstaatssekretär für Kultus Wilhelm Miklas, 1919 November 13 (Abschr.) als Beilage zu Note des Staatsamtes für Inneres und Unterricht, Kultusamt ZI. 29997/K an Staatsamt für Äußeres, 1919 November 22; Aide-mémoire ä la Nonciature Apostolique, Département des Affaires Étrangéres de la Republique d’Au- triche ZI. 1-7093/2, 1919 Dezember 1. Vermerk: „Herrn Sekt. Rat Dr. Di Pauli zur Einsicht, Überreichung und Besprechung des Aide-Memoire bei der Nuntiatur. Genehmigt 1. 12. Ippen.“