Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 31. (1978) - Festschrift für Richard Blaas
Horst BRETTNER-MESSLER: Zwischen zwei Kriegen. Der österreichisch-italienische Notenwechsel vom Jahre 1861 betreffend die reziproke Gestattung von Cabotage und Küstenfischerei
304 Horst Brettner-Messier ßem würde. Es sei daher viel wahrscheinlicher, daß Cabotage betreibende Schiffe sich hüten würden, ungesetzliche Ladung zu transportieren17). War im bisherigen Schriftverkehr immer nur von Küstenschiffahrt die Rede gewesen, so wies das Finanzministerium, veranlaßt durch einen Bericht der Zentral-Seebehörde vom 11. Jänner 1861, auf die entscheidende Bedeutung der Küstenfischerei hin. Bereits im Jahre 1826 war zwischen der kaiserlichen und der päpstlichen Regierung nicht nur die Gleichstellung der Schiffahrt, sondern auch der Fischerei in den beiderseitigen Küstengewässem vereinbart worden. „Dieses letztere konventionelle Verhältnis“, führt Plener sodann fort, „welches, wie angenommen werden kann, zum überwiegenden Vorteile der österreichischen, namentlich der venezianischen Küstenbevölkerung ausschlägt und auch wahrscheinlich deshalb von der päpstlichen Regierung vor einigen Jahren zu lösen versucht wurde, hat laut des gegen gefällige Rückstellung anliegend mitfolgenden Berichtes der Central-Seebehörde vom 11. Jänner laufenden] J[ahres], Z. 63, bisher keine Einstreuung von Seite der faktischen Behörden in den von Sardinien okkupierten römischen Provinzen begegnet, und es liegt offenbar in unserem Interesse, den unveränderten Bestand derselben nach Thunlichkeit zu sichern“. Weiters wird dem Außenministerium mitgeteilt, daß man die Zentral-Seebehörde wegen der dafür erforderlichen Zeit von der Beibringung des geforderten statistischen Materials entbunden habe18). Es darf angenommen werden, daß aufgrund dieser neuen Sachlage — wiederum von Gagern — ein Exposé für Rechberg zum Vortrag im Ministerrat abgefaßt wurde. Auf diesem Papier - das ebenfalls mit dem dazugehörigen Protokolltext als Anhang abgedruckt ist — wird ausdrücklich auf „Cabotage“ und „Fischerei“ Bezug genommen, in der Ministerratssitzung jedoch nur von „Küstenschiffahrt“ gesprochen. Warum Rechberg oder auch Plener, die bei anderen Gelegenheiten noch in der Reinschrift der Ministerratsprotokolle häufig umfangreiche Streichungen und Korrekturen Vornahmen, in diesem Fall die Anbringung eines entsprechenden Vermerks unterließen, ist nicht feststellbar. Es wäre möglich, daß eine Ausdehnung der beiderseitigen Konzessionen auf den Fischfang verstärkte Sicherheitsbedenken des Polizei- und Kriegsministers provoziert hätten, und die daraus möglicherweise resultierenden Verzögerungen wären nicht im Interesse Rechbergs und Pleners gelegen. So konnte man am 19. Februar 1861 Brassier de St. Simon ersuchen, Cavour die Zustimmung Österreichs — allerdings nur bei Gestattung auch der Küstenfischerei — mitzuteilen, wobei Plener auf dem Konzept der Note sein Einverständnis mit deren Inhalt ausdrücklich festhielt19). Nach der Absenl7) Zentral-Seebehörde an das Außenministerium, 1861 Jänner 29 Triest, Reinschrift (Nr. 828): unter Nr. 1265 H. ebenda. ls) Plener an Rechberg, 1861 Februar 6 Wien, Reinschrift (Nr. 3151-42/1861), samt Zentral-Seebehörde an Finanzministerium, 1861 Jänner 11 Triest, Reinschrift (Nr. 63): beides unter Nr. 1522 H. ebenda. 19) Rechberg an Brassier de St. Simon, 1861 Februar 19 Wien, Konzept: unter Nr. 1265, 1522 et 1594 H. ebenda.