Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 31. (1978) - Festschrift für Richard Blaas

Horst BRETTNER-MESSLER: Zwischen zwei Kriegen. Der österreichisch-italienische Notenwechsel vom Jahre 1861 betreffend die reziproke Gestattung von Cabotage und Küstenfischerei

Zwischen zwei Kriegen 305 dung dieses Schriftstückes erhob das Finanzministerium nun plötzlich neue Einwände. Man glaubte, die mit der Annahme des sardinischen Vorschlages verknüpfte Bedingung könnte ihrem Wortlaut nach von der Turiner Regie­rung „nur in der Beschränkung aufgefaßt und angenommen werden, daß auch die Fischerbarken in der Cabotagebegünstigung inbegriffen sein sollen, was, da die gedachte Begünstigung nicht auf einzelne Kategorien von Schif­fen beschränkt ist, einer eigenen Klausel gar nicht bedürfen würde“20). Wor­auf es dem Ministerium in der Fischereifrage jedoch ankam, war die aus­drückliche Gleichstellung der Angehörigen beider Staaten sowohl im Hin­blick des Fischfanges in den Küstengewässem, als auch hinsichtlich der Ge­bührenbehandlung bei der Einfuhr und beim Verkauf von Fischen in den Häfen des Partners. Diese Befürchtungen wurden jedoch durch ein am 16. März 1861 eintreffen­des Schreiben Cavours zerstreut. Dieser teilte dem preußischen Gesandten (der das Schreiben wiederum nach Wien weiterleitete) mit, daß man den Ma­rine- und Finanzbehörden die Anweisung gegeben habe, „damit die österrei­chischen Fahrzeuge frei zugelassen werden, zur Ausübung sowohl der Cabo­tage als auch der Fischerei an den Küsten der Romagna und der Marken“21). Trotz dieser Eröffnung stellte Rechberg in einer Note an Brassier de St. Si­mon nochmals den österreichischen Standpunkt der unbedingt erforderlichen Aufrechterhaltung der bisher bestandenen Gleichberechtigung in der Kü­stenfischerei fest und teilte den Inhalt des Schreibens auch dem Finanzmini­sterium mit22). Hierauf erging von diesem an die Zentral-Seebehörde ein Er­laß, mit dem folgendes mitgeteilt wurde: „Nachdem die k[öniglich] sardinische Regierung bereits die nötigen Befehle erlassen hat, damit die österreichischen Fahrzeuge zur Ausübung der Cabotage sowohl als der Fischerei an den Küsten der Romagna und der Marken frei zugelassen werden, findet sich die kaiserliche] Regierung bestimmt, die den gedachten päpstlichen Provinzen angehörenden Fahrzeuge, auch wenn dieselben unter sardinischer Flagge segeln, zu dem Betriebe der Cabotage und Fischerei an den österreichischen Küsten, wie ihnen dieselbe vor der sardinischen Okkupation zugestanden ist, faktisch wieder zuzulas­sen“23). 20) Plener an Rechberg, 1861 März 13 Wien, Reinschrift: unter Nr. 2814 H. ebenda. Bereits am 26. Februar 1861 meldete das Kriegsministerium, daß es die Militärbehör­den in Verona, Zara, Agram und Triest angewiesen habe, die Cabotage sardinischer Schiffe möglichst zu überwachen; am 3. März 1861 richtete das Außenministerium an das Staats-, Finanz- und Polizeiministerium das Ersuchen, die Küstenschiffahrt durch die ihnen unterstehenden Organe in analoger Weise zu kontrollieren; dazu Die Proto­kolle des österreichischen Ministerrates 1848-1867 V/l 84 Anm. 6. 21) Brassier de St. Simon an Rechberg, 1861 März 12 Turin, Reinschrift (Nr. 1224), samt Note Cavours an Brassier, 1861 März 9 Turin, Abschrift: beide unter Nr. 2898 H. in HHStA AR F 60/31. 22) Rechberg an Brassier de St. Simon, 1861 März 18 Wien, Konzept, samt Außen­ministerium an Finanzministerium, 1861 März 18 Wien, Konzept: beide unter Nr. 2814 et 2898 H. ebenda. 23) Kalchberg an Rechberg, 1861 März 26 Wien, Reinschrift (Nr. 16028-136/1861), samt Finanzministerium an Zentral-Seebehörde, 1861 März 26 Wien, Abschrift (Nr. 16028-136/1861): beides unter Nr. 3393 H. ebenda. Mitteilungen, Band 31 20

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