Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 31. (1978) - Festschrift für Richard Blaas

Hans WAGNER: Die Lombardei und das Freimaurerpatent Josephs II. von 1785

152 Hans Wagner war64). In seinem Sinn hat Joseph II. folgerichtig gehandelt. Was nicht auf freiwilliger Basis gelang, mußte auf dem Verordnungsweg erzwungen wer­den. Ihm ging es nur um die Kontrolle und die Schaffung eines Instruments zur Unterstützung der Staatsreform und zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung. Wenn man den Text des Patents betrachtet, scheint es ausgeschlossen, daß Born oder andere Freimaurer größeren Anteil an der Gestaltung gehabt ha­ben. Dazu war er zu provozierend und von einem der Freimaurerei feindli­chen Geist erfüllt. Es ist deutlich festzustellen, daß der Kaiser hier gegen die Absichten seiner maurerischen Berater die eigene Meinung unverblümt zum Ausdruck gebracht hat. Die Einschränkung der Logentätigkeit auf die Pro­vinzhauptstädte und auf höchstens drei Logen in den Hauptstädten Wien, Prag und Pest, die Meldung von Zeit und Ort der Arbeiten beim Magistrat und die Abgabe der Namenslisten bei den Landeschefs sind nicht allzusehr von den bereits geschilderten Vorbereitungen zur Reform verschieden. Die Listen konnten kaum mehr schaden, wenn die Landeschefs oder sonstige hohe Beamte ohnehin mit den Provinzialgroßmeistern identisch waren. Auf diese Weise konnte aber die Konkurrenz anderer Logen oder ganzer Systeme gründlich ausgeschaltet werden. Das Verbot „der Logen auf dem Lande oder bei einem Partikulier auf seinem Schlosse“ sollte verhindern, daß reform­feindliche Logen des gerade wegen der Vorbereitungen zur Einführung der allgemeinen Grundsteuer erbitterten Adels weitergeführt werden konnten. Diese Bestimmung richtet sich sicher auch gegen die schottischen Kapitel, in denen der Adel seit der Zeit der Strikten Observanz die Hauptrolle spielte. Das Patent rühmt zwar, daß die Freimaurerei in den Schutz des Staates ge­nommen werde, „mehr als je in einem Lande noch geschehen ist“. Der Nicht-Freimaurer Joseph hat aber dabei nicht begriffen, daß er damit die Grundlagen des Bundes zerstörte, der auf der Freiheit des einzelnen und der Logen gegründet war. Besonders niederschmetternd wirkte aber die Einlei­tung, in der Joseph II. seinen Unmut über den bisherigen Widerstand offen zum Ausdruck brachte und von Gaukeleien, von Geldschneiderei und einer fanatisch-engen Verknüpfung der Brüder mit einer damit verbundenen Be­nachteiligung der Außenstehenden sprach. Am ärgsten wirkten die angedroh­ten Strafen, die denen für ertappte Hasardspieler gleichgesetzt wurden65). Die Folgen des Handbillets waren vorauszusehen. Das also war die wahre Meinung des Kaisers über den Bund, den er nach den Erklärungen der Be­64) Von der ständig schlechten Laune Josephs II. 1784 berichtet Wandruszka Leopold II. 2 (Wien—München 1965) besonders 93 f nach den Cose particolari, den Ge­heimaufzeichnungen des Großherzogs auf seiner Reise nach Wien. Nach der Rückkehr des Kaisers von seiner letzten Italienreise, bei der er im Juni auch Mailand besucht hatte, schreibt Reina an Viazzoli 1785 Juli 17 (Vertrauliche Akten 71 fol. 192), daß Jo­seph II. wegen des bei seiner Rückkehr Vorgefundenen großen Durcheinanders in den Geschäften „di cattivissimo umore“ sei. 65) Der genaue Text des Patents ist gedruckt im Handbuch aller unter der Regie­rung ... Josephs II. ... ergangenen Verordnungen und Gesetze 8 (Wien 1787) 250-254.

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