Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 31. (1978) - Festschrift für Richard Blaas
Hans WAGNER: Die Lombardei und das Freimaurerpatent Josephs II. von 1785
Lombardei und Freimaurerpatent 1785 149 schichte des Freimaurerpatents und der Freimaurerreform aussagen? Sie bestätigen im allgemeinen das, was wir aus Abafi und spärlichen anderen Quellen wissen. Die Verhandlungen um die Bildung der großen Landesloge haben sich als sehr schwierig erwiesen und von 1781 bis 1784 gedauert52). In Österreich zeigte sich die überragende Bedeutung Ignaz von Borns bei den Beratungen vom März 1784 schon aus dem Umstand, daß er nicht nur seine Loge „Zur wahren Eintracht“, sondern auch die Klagenfurter und Linzer Bauhütten vertreten hat53). Als sich nach den vor allem durch Böhmen und Ungarn herbeigeführten Verzögerungen die Große Landesloge im April 1784 endlich konstituierte, wurden die obersten Ämter natürlich mit entschiedenen Vertretern der josephinischen Reform und Vertrauensleuten des Kaisers besetzt. Der Freund des Kaisers, Fürst Dietrichstein, wurde, wie erwähnt, Großmeister, der ungarische Hofkanzler und Provinzialgroßmeister von Ungarn, Graf Karl Pälffy, deputierter Großmeister, die Grafen Georg Bänffy, Hofvizekanzler von Siebenbürgen und dortiger Provinzialgroßmeister, und Anton Stampach, Vizepräsident des Prager Appellationsgerichts und Provinzialgroßmeister von Böhmen, die beiden Großaufseher, und Ignaz von Born Großsekretär 54). Vorher war es vor allem in Böhmen zu schweren Auseinandersetzungen mit den schottischen Logen gekommen. Dort wurden von 1781 an nacheinander der Graf Kaspar Hermann Künigl, Herzog Georg August von Mecklenburg- Strelitz und schließlich der erwähnte Graf Stampach zu Provinzialgroßmei- stem gewählt, offenbar deshalb, weil weder Künigl noch der Herzog von Mecklenburg die Zustimmung des Kaisers fanden. Die Neuwahlen wurden dann durch vorherige — wohl erzwungene — Resignationen motiviert. Dabei kam es wegen des Grafen Künigl zur Spaltung einer Prager Loge, dann wegen des Vermögens des Prager Waisenhauses zu einem heftigen Streit zwischen den symbolischen und den schottischen Logen und schließlich zum Eingreifen des Fürsten Dietrichstein, der die Vorlage der Kapitelsysteme und den Zutritt des Grafen Stampach zu den Kapitelsitzungen erzwang, obwohl Stampach gar keinen Schottengrad besaß. So konnte erst durch mehr oder minder sanfte Gewalt der Zusammenschluß von sieben Logen zur Provinzialgroßloge von Böhmen erreicht werden55). In Wien kam es vor allem bei der Loge „Zum heiligen Joseph“ zu großen Schwierigkeiten, da sie unbedingt an der Abhängigkeit von Berlin festhalten wollte. Mit den Logen in Galizien scheint man gar nicht verhandelt zu haben. Ob die heftige Kritik Ignaz Aurel Feßlers an der Lemberger Loge „Phönix zur runden Tafel“, seine Reise nach Wien im Herbst 1784 und die daraufhin erfolgte Gründung der Loge „Zum Biedermann“ in Lemberg mit den Reformbestrebungen zusammenhängt, ist 52) Ausführlich dargestellt bei Abafi 4 135-143. 53) Abafi 4 113. ”) Abafi 4 137. 55) Abafi 5 38-86.