Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 31. (1978) - Festschrift für Richard Blaas

Hans WAGNER: Die Lombardei und das Freimaurerpatent Josephs II. von 1785

144 Hans Wagner daß auch der Staatskanzler Fürst Kaunitz dem Bund angehört habe, wenn man auch seine Mitgliedschaft zu einer bestimmten Loge nicht durch Doku­mente beweisen könne. Oft mögen dabei Verwechslungen mit seinen Söhnen, die alle Freimaurer waren, eine Rolle gespielt haben31). Durch Reinas Aussa­gen ist nun das Gegenteil genau nachzuweisen und Kaunitz als Gegner der Freimaurer — wohl auch mit einer dementsprechenden Beeinflussung des Kaisers - eindeutig bestimmt. Das muß natürlich nicht heißen, daß Kaunitz nicht in seiner Jugend, etwa auf seinen Reisen, in eine Loge aufgenommen wurde. Das hätte gerade in den Dreißiger- und Vierzigerjahren einer in West- und Mitteleuropa verbreiteten Tendenz bei der adeligen Jugend ent­sprochen. Später aber muß er den Freimaurern nicht nur gleichgültig, son­dern wahrscheinlich wegen des irrationalen Zuges des Hochgradwesens feindlich gegenübergestanden sein. Es geht daher nicht an, bei der josephini- schen Freimaurerpolitik immer auf seine Patronanz und auf seinen Einfluß hinzuweisen32). Inzwischen haben sich die von Wien anerkannten lombardischen Freimaurer eifrig bemüht, den Reformvorschriften der Großloge nachzukommen, wenn ihnen das auch wegen des dortigen zunehmend autoritären Tons immer schwerer gefallen sein muß. Von Anfang an war geplant, in der Lombardei eine eigene Provinzialgroßloge zu errichten, wie das ja schon die isolierte geographische Lage des Herzogtums mit sich brachte. Schwierigkeiten erga­ben sich vor allem daraus, daß Logen nur in Mailand und Cremona existier­ten. Daher war die Gründung neuer Bauhütten, vor allem aber die Unterstel­lung der Cremoneser Loge des Grafen Biffi von größter Wichtigkeit. Vom Verhältnis zu Cremona, von der Suche nach anderen, im Verborgenen arbei­tenden Logen und von der Frage der Neugründungen ist daher in der Kor­respondenz neben den Mailänder Interna am meisten die Rede. Zunächst forschte man vergeblich nach einer Loge in Pavia, die gar nicht existierte, sondern von den Mailändern mit der in Cremona verwechselt worden war33). Im Januar 1784 unterstellte sich die „Concordia“ mit achtzehn Brüdern und sieben Brüdern aus Mantua unter dem Stuhlmeister Giovanni Viazzoli, dem neuen deputierten Meister Hauptmann Giuseppe Marchese Trotti - Birago war schon ausgeschlossen worden - und den Aufsehern Giacinto Viazzoli und Bartolommeo Marchese Calderara der Großen Landesloge von Öster­reich34). Die Aufnahme der Mantuaner erfolgte sicher in der Absicht, dort 31) Lennhoff-Posner Internationales Freimaurerlexikon Sp. 826. 32) Francovich Storia 333 Anm. 40 und 364. 33) Viazzoli an Reina, 1783 Oktober 1 und Dezember 2 (Nachschrift): Vertrauliche Akten 71 fol. 38 und 199. 34) Original von 1784 Januar 23, mit Unterschriften und Siegel: ebenda fol. 196. Die Mitglieder sind bei Francovich Storia 361 Anm. 10 verzeichnet. Das Siegel zeigt den Davidstern, in der Mitte zwei verschlungene Hände, in den sechs Ecken Sonne, Mond, fünfzackiger Stern, Hammer und Kelle, Zirkel und Winkelmaß sowie das Lot. Die Umschrift lautet: „Insubres. Concordia. Fratres“. Es wird bei Abafi 5 366f nicht beschrieben.

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