Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 31. (1978) - Festschrift für Richard Blaas

Hans WAGNER: Die Lombardei und das Freimaurerpatent Josephs II. von 1785

142 Hans Wagner werden mußte, forderte dafür das Reisegeld, das ihm Wilczek aus der eigenen Tasche bezahlte21). Im Sommer des folgenden Jahres entdeckte man, daß Bi- rago eine neue Loge gegründet hatte, die am Anfang aus etwa zehn Mitglie­dern bestand. Daraufhin entschloß sich die „Concordia“ zu einem Rund­schreiben an alle Logen, die von den Machenschaften der drei nun ausge­schlossenen Brüder unterrichtet und vor der Anerkennung der neuen Loge gewarnt wurden. Hier wird recht deutlich auf eine angebliche Gefährlichkeit der geheimen Loge angespielt, mit dem Hinweis auf dort verbreitete natio­nale Vorurteile und eine Gesinnung, die dem Orden - damals wurde der Freimaurerbund allgemein als Orden bezeichnet — schaden könne22). In ei­nem Schreiben an Reina beschuldigt Viazzoli die Ausgeschlossenen des öf­fentlichen Bekenntnisses zum Atheismus und Reden gegen Obrigkeit und Re­ligion in den Kaffeehäusern, er befürchtet schlechte Einflüsse auf die Mai­länder adlige Jugend, hofft auf ein Vorgehen Wilczeks gegen die Schuldigen und bittet, daß auch die Große Landesloge von sich aus die Brüder warnen möge23). Viazzoli hat also gewiß alles unternommen, um seine Gegner in Mißkredit zu bringen; er konnte damit aber weder den Grafen Wilczek noch die Wiener Großloge zu direkten Aktionen veranlassen. Viazzoli erreichte nur, daß die Ausgeschlossenen auf Befehl Wilczeks wegen angeblicher nächtlicher Ruhe­störung vor die Polizei geladen wurden, wo man ihnen nichts nachweisen konnte, da der eigentliche Grund nicht genannt werden durfte. Aus Wien wurde er damit vertröstet, daß Fürst Dietrichstein mit dem Kaiser gespro­chen habe, wie man sich in solchen Fällen verhalten solle. Er erhielt außer­dem den Rat, Birago die Arbeitsunterlagen und die Werkzeuge zu entziehen, aber so vorsichtig, daß nichts davon an die Außenwelt dringe24). Das war leichter gesagt als getan, es blieb Viazzoli nichts übrig, als immer dringender auf die stete Zunahme der Loge Biragos und die damit verbundene Gefahr hinzuweisen. Die neue Loge hatte im Februar 1785 schon über dreißig Mit­glieder, sie vermehrte sich laufend weiter25). Zur gleichen Zeit forderte Viaz­21) Viazzoli an Reina, 1783 Oktober 1, und Viazzolis Relazione von 1783 Dezem­ber 2: Vertrauliche Akten 71 fol. 38 und 197 f. 22) Viazzoli an Reina, 1784 August 19, und Rundschreiben der „Concordia“, 1784 August 21: ebenda fol. 40f und 48f. 23) Viazzoli an Reina, 1784 August 23 (ebenda fol. 85ff): „ ... fanno la loro vita al Caffé sparlando del Principe, dei Ministri e della Religione“. Unter dem Fürsten könnte sowohl der Gouverneur Erzherzog Ferdinand wie Joseph II. verstanden werden. Am meisten fürchtete Viazzoli anscheinend den Einfluß des Grafen Rebuffi, den er als Bekannten von Sardagna in Wien anführt. Damit wird auch die Annahme Franco­vi chs (Storia 370 Anm. 23) recht wahrscheinlich, daß Rebuffi mit dem bei Abafi 1781 als Mitglied der „Gekrönten Hoffnung“ genannten Josef Rabuffo di Villanuova, Ober­leutnant bei den Barco-Husaren, identisch ist. Giovanni Sardagna, Kämmerer bei Kardinal Graf Migazzi, hat ebenfalls der „Gekrönten Hoffnung“ angehört (Abafi 4 200 und 204). 24) Viazzoli an Reina, 1784 November 2, und Reina an Wilczek, 1784 November 15: Vertrauliche Akten 71 fol. 89f und 84. 25) Viazzoli an Reina, 1785 Februar 9 und 16: ebenda fol. 60 und 189.

Next

/
Thumbnails
Contents