Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 31. (1978) - Festschrift für Richard Blaas

Georg WACHA: Italienische Zinngießer nördlich der Alpen

118 Georg Wacha Maße einen Überblick über die nördlich der Alpen tätigen italienischen Zinngießer und ihre Werke zu geben, wird schon deswegen schwer möglich sein, weil nur in wenigen Fällen eine Kennzeichnung der Werke erfolgte. Wie es mit den Marken des Zinngießers stand, zeigt am besten das Vorgehen gegen Pe­ter Antonius Tamborino. Dieser arbeitet 1718 in Labiau in Ostpreussen ohne Geneh­migung des Königsberger Gewerks. Zwei Königsberger Meister nehmen ihm 1718 Handwerkszeug, Gußformen und Zeichenpunzen weg, er bittet aber, ihm die Flickar­beit zu gestatten. Laut Entscheidung vom 5. Dezember 1718 darf er Flickarbeit weiter betreiben, soll aber die Herstellung neuer Arbeiten und den Gebrauch eines Stempels oder Merkzeichens künftig unterlassen (H. 3 1314). Oft wandte man sich nur gegen das Hausieren auf dem Lande. Dem Zinngießer Leone Cottino wurde beispielsweise in Harburg das Bürgerrecht ge­geben, er arbeitete dort mit fünf bis sechs Gesellen, zeichnete sein Zinn aber auch mit Stempel. Das Hausieren auf dem Lande wurde ihm ausdrücklich untersagt (H. 3 994). In Osnabrück zeigte 1786 der Gildemeister des Schmiedeamtes an, daß fremde Italie­ner, welche ihre „Boutique mit zinnernen Waaren auf dem alten Rathause hätten, des vor einigen Jahren ergangenen Verbots ohngeachtet, mit den zinnern Waaren hausir- ten“62). Es handelte sich um die Brüder Andreas und Anton Zeratti. Es wurde darüber ein Gutachten der Zinngießer in Hannover eingeholt und diese sprachen deutlich aus, daß jeder Zinnhandel von fremden Leuten - nicht in Amt und Würde „in hiesigen Landen“ - verboten sei. Nach dem Gutachten von Hannover, datiert 25. November 1786, war eigens ein Aufseher bestellt, der darauf achten mußte, daß auf den Märkten so wenig als sonst von Herumziehenden Zinn verkauft werde63). Mit dem Ende des strengen Zunftzwangs unter Kaiser Josef II. waren die Chancen für die italienischen Zinngießer, als Meister aufgenommen zu wer­den, wesentlich gestiegen. In der Steiermark hatten es die Zamponi schon 1775 in Leoben und 1781 in Oberwölz geschafft, die Waty und Gerotti ließen sich 1798 bzw. 1810 in Pettau nieder, in Marburg waren 1760 die Caminolli, in Kitzbühel seit 1788 die Gulielminetti, in Hallein seit 1776 die Peretti an­sässig. Für Niederösterreich ist die Familie Reggiori zu nennen. 1790 be­suchte ein Zinngießer Franz Reggiori mit seinen Leuten aus Ybbs den Jahr­markt in Steyr, worauf sich der dortige Meister beschwerte (H. 7 1696), 1807 will Alois Reggiori in Garsten bei Steyr Zinnwaren verkaufen, 1814 sich so­gar in Steyr ansässig machen, was aber durch den Widerspruch des Steyrer Zinngießers vereitelt wird (H. 7 1697). In St. Pölten wird 1799 Josef Ret- schiori als Zinngießer aufgenommen64), auch der 1803 im dortigen Bürger­buch genannte Bartholomä Tonoly wird wohl italienischer Herkunft gewesen sein65). werbe am Landesmuseum Joanneum Graz. Sonderausstellung 1967 (Katalog: Friedrich Waidacher). 62) Kohlmann Zinngießerhandwerk 78. 63) Ebenda 79f (nach Stadtarchiv Osnabrück). 64) Georg Wacha Zinngießer in St. Pölten in Mitteilungsblatt des Kulturamtes der Stadt St. Pölten 26 (1977) 35. Retschiori und Tonoly sind im Bürgerbuch 1 im Stadtar­chiv St. Pölten unter den Jahren 1799 und 1833 eingetragen. 65) Tonoly (Familie auch Tonolli, Tonolo geschrieben) ist 1806 als Lehrjunge bei Johann Jacob Stretti in Cilli bezeugt; vgl. ergänzend zu dem in Anm. 64 genannten Aufsatz H. 7 769.

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