Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 30. (1977)
Rezensionen
Rezensionen 509 sich mit der Zusammensetzung der adeligen Stände und gibt Situationsskizzen, wie sie sich in vier verschiedenen — für die konfessionelle Entwicklung in Niederösterreich wichtigen — Jahren darstellen: zunächst die evangelischen Herren und Ritter im Jahr 1580, dann die Unterzeichner des Horner Bundesbriefes von 1608, weiter führt er die beiden Gruppen im protestantischen Adel im Jahr 1620 vor — wie sie sich anläßlich der Huldigung an Ferdinand II. damals ergaben — und schließlich die zusammengeschmolzene Schar des evangelischen Adels Nieder Österreichs im Jahr 1647, als die Adeligen Niederösterreichs sich hilfesuchend an die Gesandten der evangelischen Mächte bei den Westfälischen Friedensverhandlungen wandten. Es ist kein Nachteil, daß hier in diesem Anfangskapitel R. sehr konkret bleibt, im besonderen Namenslisten der Adeligen bietet und so eine sichere Grundlage schafft für das Verständnis des Geschehens. Er schildert dann die Formen adeligen Lebens in Niederösterreich, das Verhältnis der Stände zum Land, den Adel als Inhaber der Grundherrschaften, die adelige Gesellschaft, die Bedeutung des Konnubiums und adelige Lebensformen. Etwas umfangreicher ist der Abschnitt „Personen und Positionen“. In diesem führt R. Kurzbiographien von 12 nieder österreichischen evangelischen Adeligen vor und zeichnet deren Porträt. Sie sind als „Exempla“ gesehen, als Typen, wie sie sich im protestantischen Adel Niederösterreichs entwickelt hatten, von den Vorkämpfern des Evangeliums bis zu den frühen Konvertiten. In dieser Galerie befinden sich außer Hans Wilhelm und Wolfgang von Hofkirchen u. a. die Brüder Veit Albrecht und Dietrich von Puchheim, der bedeutende Reichart Strein von Schwarzenau, Hans Wilhelm von Losenstein, der Erbauer der Schallaburg, und Hans Ludwig von Kuefstein, der dann Landeshauptmann des Landes ob der Enns wurde. Sehr verschiedene Köpfe und Profile, aber keiner unter diesen Männern, der wie etwa Tschernembl im Land ob der Enns ein bestimmendes Gewicht für die Entwicklung des Protestantismus in Niederösterreich hatte. Im weiteren Verlauf seiner Darlegungen stellt R. die beträchtlichen kulturellen Leistungen des niederösterreichischen Adels skizzenhaft vor bis zum „Ende der antihöfischen Adelskultur“. Der Kern des Büchleins ist aber vor allem das Kapitel „Der Anteil des Adels an der Reformationsgeschichte des Landes“. In diesem zentralen Abschnitt untersucht R. die ständischen Institutionen, die religionspolitischen Anliegen der Stände, das Problem eines eigenen evangelischen Kirchenwesens bzw. die Einrichtung einer Landeskirche, er befaßt sich dann mit der Religionspolitik zur Zeit der Gegenreformation, mit der für das frühe 17. Jahrhundert charakteristischen konfessionellen Konföderationspolitik und deren Folgen nach der Niederlage des Protestantismus im Jahre 1620. Schließlich sucht er die spezifische Situation des niederösterreichischen Protestantismus unter Ferdinand II. zu schildern, die ja günstiger war als die Lage des Protestantismus etwa im Land ob der Enns. Aber am Ende stand auch in Niederösterreich Emigration und Konversion. Es ist bemerkenswert, daß R. die Aussichten zur Schaffung einer Landeskirche in sehr ungünstigem Licht sieht, aus Gründen, die nicht nur bei der Gegenreformation liegen, sondern auch im inneren Bereich des Protestantismus. R. kommt aus seinen Erwägungen zu dem Schluß, man könne anneh