Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 30. (1977)
RILL, Gerhard: Zur Geschichte der österreichischen Konsulargerichtsbarkeit in Bosnien
österr. Konsulargerichtsbarkeit in Bosnien 169 Mato, Vater des Schankwirtes Marko Perié, vulgo Öuncak, aus Livno, wurde vor 50 Jahren im Stadtviertel Perko Mehmed Aga geboren und stand im Dienst eines gewissen Bekir Mesika, als er den Marko zeugte. Dieser ist Ge- werbsmann und Eigentümer eines Hauses und einer Schankbude. Da Vater und Sohn in Bosnien geboren sind und hier eine Liegenschaft besitzen, ist für Marko türkische Staatsbürgerschaft erwiesen. Auf österreichischer Seite verfuhr man nach den Regeln bürokratischer Praxis. Hatte schon Matheo Perié einen in Catunje (Katuni, Bezirk Al- missa, Dalmatien) ausgestellten Reisepaß besessen, so war die österreichische Staatsbürgerschaft Markos zusätzlich durch einen 1861 in Zara ausgestellten Paß gesichert. Die irrige Aussage der „achtbaren und ergrauten“ Männer scheint dadurch zustande gekommen zu sein, daß der Name Őuncak, ein in Livno häufiger Spitzname, mit einer anderen Person in Verbindung gebracht wurde. Dagegen ist richtig, daß Perié ein Haus besitzt und das Gewerbe eines Kaffeesieders betreibt. Der letzte und schwerwiegendste Teil der Unstimmigkeiten betraf Fälle, in denen Untertanen der einen Macht durch solche der anderen zu körperlichem Schaden gekommen waren. Der erste Fall führt in den Bezirk von Grahovo, der schon immer als idealer Schlupfwinkel für Räuber gegolten hatte. Anläßlich eines an vier türkischen Untertanen begangenen Raubmordes vermuten die Behörden die Täter in den uns schon bekannten Dörfern Mracaj, Stozista und Tiskovac. Zumindest ist anzunehmen, daß die Raubmörder hier Rückhalt fanden. In logischer Folge dieses Verdachtes geht die Behörde daran, die verdächtigen Bewohner der drei Dörfer festzunehmen und zu verhören, — Maßnahmen, die von Dembicki, der „immer hindernd im Wege steht“, sofort blockiert werden. Von der Schuldlosigkeit der Dorfbewohner war man auch auf österreichischer Seite nicht restlos überzeugt. Dembicki erklärt, er habe nichts gegen Verhöre, „jedoch darf die Arretirung dieser Individuen nur über ämtliche Reklamation der türkischen Behörden von Seite der Agentie aus stattfinden, die Arretirten sich während der Untersuchung im Konsulararreste aufhalten, und wird dem Ermessen des ... Generalkonsulates überlassen, ob, wo und in welcher Art die Untersuchung einzuleiten ist“. Als Dembicki die türkischen Beamten ersucht, „sich in einem Wege zu halten, welcher beiden hohen Regierungen Unannehmlichkeiten ersparen würde, spielte ein sehr verdächtiges Lächeln um den Mund der beiden Bey’s [Ahmed Bey und Dschemal Bey], daher ich der Vermuthung Raum gebe, daß die türkische Regierung dießmal unter anderen Formen, jedoch aus derselben Ursache die verfolgten kaiserlichen Unterthanen quälen will“. Was die türkischen Beamten betreiben, ist keine Nachforschung, sondern ein Abschieben der Schuld auf österreichische Staatsbürger. Auf jeden Fall liegt ein Verstoß gegen Artikel 5 vor. Trotz aller Verfahrensschwierigkeiten waren hier die Kapitulationen noch eher anwendbar als im umgekehrten Fall, bei körperlichen Schädigungen österreichischer Untertanen durch Türken, besonders wenn es sich bei letzteren um Amtspersonen handelte. Anton Perié, k. k. Untertan und Pächter mehrerer Branntweinschenken, kam gemäß österreichischer Darstellung im Juli 1860 nach Crnilug und etablierte sich dort in einer „Kolibe“. Als er merkt, daß Konkurrenz am Werke ist, beschwert er sich unvorsichtigerweise beim Pandurentschausch Ganun Suro-