Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 30. (1977)
RILL, Gerhard: Zur Geschichte der österreichischen Konsulargerichtsbarkeit in Bosnien
österr. Konsulargerichtsbarkeit in Bosnien 161 im herzegowinischen Bereich20). Bis Juli 185321) unterstanden die Konsuln dem Handelsministerium, nur „in politischen Angelegenheiten und so lange nicht in Folge einer zweckmäßigen Reform der im Oriente eingeführten österreichischen Gerichtspflege etwas anderes festgesetzt wird, auch in Sachen der privilegirten Jurisdiktion über die Nazionalen“ der Internuntiatur in Konstantinopel und somit dem Ministerium des Äußern22). „Mit aller Strenge“, so wurde den Konsularbeamten aufgetragen, hätten sie die Maßnahmen zu treffen, die zur Aufrechterhaltung der „Traktate und Conventionen“ erforderlich wären 23). Dieser Auftrag in Verbindung mit dem politischen Grundsatz, das Einvernehmen mit dem Osmanischen Reich nicht zu gefährden, stellte die Konsuln vor schwere, oft unlösbare Aufgaben, — ähnlich jenen, die ihnen aus zwiespältigen Weisungen hinsichtlich des Schutzes bosnischer Christen erwuchsen. Durch die unpräzise Formulierung des Artikels 5 des Passarowitzer Handelsvertrages wurde die labile Instruktionsbasis der österreichischen Konsuln zwischen zwei einander widersprechenden dienstlichen Anforderungen noch unterstrichen. Wenn im Bereich des Generalkonsulates Travnik — seit September 1850 Sarajevo — von Anfang an keine unüberwindlichen Schwierigkeiten entstanden, dann war dies vor allem der Persönlichkeit des ersten Amtsträgers, Dr. Demeter Athanas- kovic, zu verdanken24). Der ausgebildete Mittelschullehrer und Dolmetsch hatte schon dem Team des ersten Travniker Konsulates angehört, seither seine Kenntnisse der bosnischen Mentalität wie auch der konsularischen Agenden fortlaufend vertieft und 1830/31 die erwähnten Verträge mit den Repräsentanten der bosnischen Oberschicht nach Hause gebracht. Von seinen Vorgesetzten wurde er über das übliche Ausmaß hinaus gelobt und für unentbehrlich angesehen. Auch das Unglücksjahr 1853, das ihm sowohl körperliche Mißhandlungen von Seite eines Ar- nauten wie einen kleinen Skandal am Wiener Hof einbrachte, konnte 20) Wichtigstes Material für die Organisierung der Konsularämter in Admin. Reg. F 8/7 und F 8/32, 34, 35. 21) Vgl. Vorträge des Handelsministeriums, 1853 Mai 14 und Juli 15: HHStA Ministerkonferenzkanzlei ZI. 2069 und 2367/1853; Krabicka Konsularwesen 38. 22) Erlaß des Handelsministeriums, 1850 Februar 26: Admin. Reg. F 8/32 (Travnik). 23) Ministerium des Äußern an Kriegsministerium, 1850 September 10: ebenda. 24) Daten: 1810 Dr. phil. in Pest, 1812—14 Professor am Gymnasium Karlo- witz, 1814 Ökonomieunterleutnant, 1817 dem Konsulat Travnik zugeteilt, 1820 Grenzdolmetsch in Agram, 1833 Vizekonsul (1834 Konsul) in Galatz, 1839 Belgrad, 1845 Trapezunt, 1847 Saloniki, 1850 Travnik-Sarajevo, 1857 Ritterstand „von Milodor“, gestorben am 3. Februar 1857 in Sarajevo. Personalakt in Admin. Reg. F 4/13 auch für das Folgende. Über seine Tätigkeit in Belgrad: Friedrich Orter Die österreichischen Konsuln in Serbien 1836—1842 (ungedruckte phil. Diss. Wien 1974) 118—145. Mitteilungen, Band 30 11