Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 30. (1977)
RILL, Gerhard: Zur Geschichte der österreichischen Konsulargerichtsbarkeit in Bosnien
160 Gerhard Rill dem jenseitigen Gebiethe sich in Geschäfte einlassen, gefallen lassen müssen“ l6). Über ein Jahrzehnt verstrich, bis in der Frage des bosnischen Konsulates wiederum ein Vorstoß, diesmal aus humanitären Gründen, unternommen wurde. Die „Erpressungen und alles menschliche Gefühl verläugnenden Gräuel“, denen die Christen in Bosnien, der Herzegowina und Bulgarien ausgeliefert waren, bildeten den Anlaß für eine Initiative der ungarischen Hofkanzlei im Juni 1842. Österreichische Konsuln sollten die Mission des Kaiserstaates, „die Menschenrechte überall, wo sie angefochten werden, zu schützen“, in diese Länder tragen. Metternich hielt dem entgegen, daß man erstens den Übertreibungen der Presse nicht kritiklos folgen solle und zweitens im Sinne der Kapitulationen nur für österreichische Untertanen intervenieren könne; hinsichtlich der bosnischen Christen bliebe nur die Möglichkeit einer „freundschaftlichen Interzession“. Vor allem aber lehre die Erfahrung (?), daß Konsuln gar nichts ausrichten könnten, — ,im Gegentheile hat die mehrmals versuchte Aufstellung eines k. k. Consulats in Bosnien zur Genüge dargethan, daß durch einen mitten in diesem Lande unter den fanatischen und den Befehlen des Sultans so häufig widerstrebenden Bewohnern dieser Provinz schutzlos bloßgestellten und oft persönlich bedrohten Vertreter der Rechte, Interessen und Wünsche des k. k. Hofes jedesmal weit weniger erreicht wurde als durch eine gewissenhafte und kräftige Sprache der k. k. Militair-Gränz-Commandanten .. Und zuletzt folgt das alte Argument: Auch andere Mächte würden dann sofort Konsulate errichten, was Österreich nur schaden könne 17). Kurz vor der endgültigen Lösung tauchte dann nochmals das Projekt eines Konsulatsersatzes auf, diesmal in Form einer periodischen Kontrolle des bosnisch-herzegowinischen Raumes durch die Konsularämter von Belgrad und Scutari18). Erst die 1849—1853 vorgenommene Reorganisierung des Konsularwesens auf dem Balkan bezog Bosnien und die Herzegowina in das österreichische Missionssystem ein. Entscheidend dafür war der unbefriedigende kommerzielle und ökonomische Zustand Dalmatiens, den man durch die Erschließung von Wirtschaftshinterländern zu bessern hoffte 10). 1849/1850 wurden das Generalkonsulat Trav- nik-Sarajevo und das Konsulat Mostar errichtet, es folgten die Konsular- agentien Banjaluka (1851, 1862 nach Bihac übertragen), Livno (1853) und Tuzla (1855, 1865 nach Brcka übertragen) im bosnischen, Trebinje (1858) * * * * i«) Hofkriegsrat an Staatskanzlei, 1831 April 26: ebenda (fol. 2—5, 18). u) Ungarische Hofkanzlei an Staatskanzlei, 1842 Juni 9, und Staatskanzlei an Ungarische Hofkanzlei, 1842 Juli 10: Admin Reg. F 8/7 (Bosnien-Herzegowina 1830—1849). is) Hofkriegsrat an Staatskanzlei, 1848 März 20 (Beilage: Hofkammer an Hofkriegsrat, 1847 November 30) und Staatskanzlei an Handelsministerium, 1848 Mai 2: ebenda. i9) Undatierte Denkschrift des Handelsministeriums: ebenda. Zusammenfassend Krabicka Konsularwesen 38.