Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 30. (1977)

WEINZIERL, Michael: Das Commonwealth vom Aufstand der Presbyterianer bis zum 2. Staatsstreich der Armee 1659

8 Michael Weinzierl und Gottgewolltheit der Sache des Königs führte zur Vernachlässigung realistischer Analyse; die führenden royalistischen Politiker hatten seit 1646 England nur vereinzelt für kurze Zeit besucht24 *). Informationen stammten meist aus dem Untergrund überzeugter, aber unerfahrener junger Royalisten 26) oder stellten einseitige Kompilationen von Gerüchten dar; auch wenn man die Gefahren und Schwierigkeiten der royalistischen Agenten berücksichtigt, erwecken ihre Berichte im Vergleich zum Ge­heimdienst der Republik oft einen amateurhaften Eindruck. In einem Bericht heißt es, Vane habe Beamte dazu angehalten, nicht sich selbst, sondern dem Gemeinwohl zu dienen: „[Sir Henry Vane] brought men to understand that they were not placed in employment to serve them­selves, but to serve the public.“ Diesen Ansätzen rationaler Herrschafts­ausübung und moderner Bürokratie standen bei den Royalisten weitge­hend traditionelle Vorstellungen, die sich einer veränderten Gesellschaft nicht anpassen konnten, gegenüber 26). Am 1. März 1659 ernannte Karl II. einen Ausschuß, der Verhandlungen mit Presbyterianern zum Ziel eines Aufstandes koordinieren sollte. Gleich­zeitig forderte er in Instruktionen an seine Freunde indirekt zur Rebel­lion auf27). Die Forderungen jener Presbyterianer, die einen Kompromiß über die zukünftige Verfassung forderten, blieben unberücksichtigt. Wer waren nun jene „Presbyterianer“, die gemeinsam mit den Royali­sten im gesamten Land eine Verschwörung planten? Im Sommer 1659 hatten die Begriffe „Presbyterianer“ und „Independenten“ ihre religiöse Komponente weitgehend verloren. In Manchester erzielten presbyteriani- sche und kongregationalistische Pastoren Einigkeit über ein Interkommu­nionsschema. Die Presbyterianer waren 1659 eine große, lose Gruppierung ehemaliger Parlamentsanhänger im ersten Bürgerkrieg, die spätere radikale Ent­wicklungen wie die Errichtung der Republik oder weitgehende Toleranz ablehnten. Schon 1647 hatten sie mit Royalisten zusammengearbeitet, um mit Hilfe des „Londoner Mobs“ zu versuchen, die New Model Army zu ersetzen28). Eine ähnliche Konstellation ergab sich im Sommer 1659. Ein ganz England umfassender Aufstandsplan wurde fragmentarisch aus­gearbeitet, der vorsah, an vielen räumlich weit auseinanderliegenden Orten gleichzeitig zuzuschlagen, um die Planung von Gegenmaßnahmen durch das Parlament zu erschweren. Doch waren weder Presbyterianer 24) Charles H. Firth The Last Years of the Protectorate (London 1909) 2 60 f. 26) Vgl. Paul H. Ha r d a c r e The Royalists during the Puritan Revolution (The Hague 1956) 135. 26) Vgl. dazu Christopher Hill The Century of Revolution (Edinburgh 81967) 140. 27) BL MS. Clarendon 60 fol. 178—179. 28) Vgl. Valerie Pearl London’s Counterrevolution in Aylmer Settle­ment 29—56.

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