Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 30. (1977)
WEINZIERL, Michael: Das Commonwealth vom Aufstand der Presbyterianer bis zum 2. Staatsstreich der Armee 1659
Das Commonwealth 1659 3 Gleichzeitig gewann eine republikanische „Partei“ an Bedeutung, deren nostalgische Hauptforderung die Wiedererrichtung der Souveränität eines gewählten Einkammerparlaments, aber auch — vage — die Wiederaufnahme der Reformvorschläge der Radikalen war. Diese Gruppierung gewann auch deshalb an Bedeutung, weil viele der fähigsten Parlamentarier wie Heselrige, Vane, Scot und Ludlow zu ihr gehörten6). Nach dem Tod Oliver Cromwells übernahm sein Sohn im Oktober 1658 das Protektoramt. Im Frühjahr 1659 kam es zu einer Allianz von Angehörigen der Sekten bzw. besser Freiwilligkeitsgemeinden7), Republikanern und mit dem vorherrschenden Konservativismus unzufriedenen Teilen der Armee. Eine öffentliche Kampagne dieser Anhänger der „Good Old Cause“, d. h. der Reformprojekte der radikalen Phase der Revolution, als deren Träger der Rumpf stilisiert wurde, bewog schließlich die Armeegeneräle wie Fleetwood, Lambert und Desborough, Richard Cromwell zum Rücktritt zu zwingen 8). der Begriff unpräzise als Bezeichnung für diejenigen Gruppen, die Rumpf oder Armee bzw. später Cromwell gegen die konservativen Kräfte („Presbyterianer“ und Royalisten) unterstützten. 6) Sir Arthur Hesilrige (gest. 1661) stammte aus adeliger Familie in Leicestershire, Abgeordneter für Leicestershire im Langen Parlament; eines der oppositionellen „five members“, die Karl I. persönlich im House of Commons verhaften wollte; Oberst der New Model Army, Independent, Gouverneur von Newcastle/Tyne, ab 1649 Mitglied in allen Councils of State, Anführer der Opposition in den Protektoratsparlamenten, 1659 wohl mächtigster Abgeordneter, ausgezeichneter Parlamentarier, aber als korrupt und rücksichtslos beschrieben; starb 1661 im Tower. — Sir Henry Vane Jr. (1613—1662) stammte aus einflußreicher Familie, studierte in Oxford, 1635 nach Neu-England ausgewandert, zeitweise Gouverneur von Massachusetts, dann Abgeordneter für Hull im Langen Parlament, Mystiker und den Sekten nahestehend; leitete die Flottenverwaltung während des Bürgerkrieges, scharfer Kritiker des Protektorats, 1659 wieder Parlamentsmitglied, Staatsrat, 1662 hingerichtet. Schrieb u. a. A Healing Question (1656), A Needful Corrective or Ballance in Popular Government (1659). — Thomas Scot studierte in Cambridge, 1645 Abgeordneter für Aylesbury, „Königsmörder“ (Unterzeichner des Todesurteils Karls I.), 1649—1653 Mitglied des Council of State; stand in Opposition zum Protektorat; Secretary of State 1659—1660; 1660 hingerichtet. — Edmund Ludlow (1618— 1692) stammte aus der Gentry von Wiltshire, wurde barrister, später Offizier der New Model Army, ab 1646 durch Nachwahlen im House of Commons einer der führenden und frühesten Commonwealthmen, „Königsmörder“; Generalleutnant bei der Eroberung Irlands, dann bis 1653 Oberbefehlshaber in Irland, während des Protektorats extrem oppositionell eingestellt, 1659 einer der einflußreichsten Republikaner; plante nach der Restauration vermutlich mit Sektierern einen Aufstand, dann Flucht in die Schweiz. Ludlow konspirierte wahrscheinlich in Vevey weiter und versuchte 1688, nach England zurückzukehren. Seine 1698 erschienenen Memoiren bieten eine lebendige Schilderung besonders der letzten Jahre des Interregnums. 7) Die meisten Sekten bezeichneten sich als „gathered churches“, wörtlich „(freiwillig) zusammengekommene Kirchen“; „sects“ bzw. „sectaries“ wurden sie von ihren Gegnern genannt. 8) Vgl. Austin H. Woolrych The Good Old Cause and the Fall of the Protectorate in Cambridge Historical Journal 13 (1957) 133—161. 1*