Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 30. (1977)
WEINZIERL, Michael: Das Commonwealth vom Aufstand der Presbyterianer bis zum 2. Staatsstreich der Armee 1659
2 Michael Weinzierl Das Königsamt wurde ebenso wie das Oberhaus abgeschafft; das souveräne Einkammerparlament verstand sich als „supreme authority of this nation, the representatives of the people assembled in Parliament“ 2). Ein jährlich vom Parlament neu zu wählender, aus 41 Mitgliedern bestehender Staatsrat (Council of State), dessen überwiegende Mehrheit aus Parlamentsmitgliedern bestand, bildete die Exekutive. Obwohl einige dieser Staatsräte sich, wie z. B. Vane, auf Außenpolitik und Marinewesen spezialisierten, gab es keine Ressorts, wohl aber effiziente Unterausschüsse für Spezialfragen. Die meisten Funktionen eines Staatsoberhauptes erfüllte der Parlamentssprecher 3). Im Parlament bildeten Republikaner und/bzw. Radikale, die mit der Armee die „Revolution von 1648/49“ herbeigeführt hatten, nur eine — allerdings einflußreiche — Minderheit, die bald auf die Unterstützung „gemäßigter“ Politiker angewiesen war, die die Unterbindung weitgehender gesellschaftlicher Veränderungen zur Grundbedingung für die Unterstützung der Republik machten 4). Dies war mit ein Grund für die blutige Niederschlagung der Leveller- bzw. Soldatenrätebewegung in der Armee und das Scheitern von Projekten der Rechts-, Kirchen- und Sozialreform. Leveller und radikale Sektierer fanden sich bald in erbittertem Widerstand gegen das Regime. Das Commonwealth konnte durch die militärische Eroberung von Schottland und Irland und die Durchsetzung der englischen Vormacht über Holland durch die Navigationsakte und den Sieg über die Niederlande bleibende Erfolge erreichen. Konflikte mit der Armee führten schließlich 1653 zur Auflösung des Rumpfes und zur Errichtung des Protektorates Oliver Cromwells, das sich besonders seit 1657 zunehmend auch auf die konservativen Gruppen der Gentry stützte und dessen Verfassung sich stark an das traditionelle System von König, Lords und Commons (Einführung des Zweikammersystems und der Erblichkeit des Protektoramtes durch die „Humble Petition and Advice“ 1657) anlehnte. Die Opposition gegen diese Entwicklung führte allmählich zu einem Rapprochement und einer Amalgierung der Ideologien von Republikanern („Commonwealthmen“), Resten der Leveller, Baptisten, Angehörigen von Sekten und dem radikaleren Teil der Independenten5). 2) An Act declaring England to be a Commonwealth (19. 5. 1649): Constitutional Documents of the Puritan Revolution 1625—1660, ed. by Samuel R. Gardiner (Oxford 31900, Nachdruck 1968) 388. 3) Vgl. Gerald E. Aylmer The State’s Servants. The Civil Service of the English Republic 1649—1660 (London 1973) 17-—24; Weinzierl Republikanische Politik 26—47. *) Vgl. David Underdown Pride’s Purge. Politics in the Puritan Revolution (Oxford 1971) 256—296, ferner Blair Worden The Rump Parliament (Cambridge 1974). 5) Als „Independenten“ wurden zunächst Anhänger einer kompromißlosen Politik gegenüber dem König, die gleichzeitig die Einrichtung einer zentralisierten presbyterianischen Staatskirche bekämpften, bezeichnet. Später diente