Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)
Zur publizistischen Auswertung des österreichisch-jugoslawischen Archivabkommens. Eine Erklärung der Generaldirektion des Österreichischen Staatsarchivs
576 Literaturberichte die Industriestandorte bezüglichen Teil des Arbeitsmarktes geschlagen werden. Was die durch elf Tabellen veranschaulichten Darlegungen G r u n e r s anlangt, so verdienen sie schon allein wegen der sie einleitenden „kurzen Skizze“ des wirtschaftlichen und bevölkerungsmäßigen Wachstums der Schweiz im 19. und frühen 20. Jahrhundert eine hervorhebende Erwähnung. Noch nachdrücklicher ist jedoch hier auf jenen Abschnitt des Gru- nerschen Referates hinzuweisen, dem sich entnehmen läßt, daß ein spezifisches Charakteristikum des damaligen schweizerischen Arbeitsmarktes in einer „gewaltigen internationalen Austauschaktion“ bestand: „Die auswanderungsbedingten demographischen Hohlräume werden durch Ausländer ausgefüllt. Ähnlich wie heute läßt sich die Schweiz also, anteilsmäßig gesehen, als die größte internationale Arbeitsmarktdrehscheibe Europas betrachten. Gliedern wir nach drei Wachstumsetappen, fällt freilich auf, daß diese sich stark voneinander unterscheiden. Im Zeitalter des Pauperismus, das bis zirka 1870 reicht, und in den stark krisenbetroffenen achtziger Jahren sind die Wanderungsverluste eklatant. Erst die Periode des Aufschwungs (1890—1914) zeigt mit 299.000 Einwanderern einen auffallenden Wanderungsgewinn von 176.000.. Im Zusammenhang mit der Tatsache, daß das ingesamt noch zu wenig erforschte Problem der Frühindustrialisierung „in jüngster Zeit ins Zentrum historischen Bemühens gerückt“ ist, schien es Teuteberg angebracht zu sein, den sozialgeschichtlichen Quellenwert von Friedrich Engels’ Frühwerk Die Lage der arbeitenden Klasse in England einmal gründlich in Frage zu stellen und „die immer wieder stereotyp tradierten Engels- schen Aussagen im Licht moderner Forschungen erneut zu überprüfen“. Er wertete daher die Berichte anderer deutscher Beobachter der Anfänge des britischen Industriestaates systematisch aus, ließ sodann — in seinem Tagungsvortrag — „einige dieser Stimmen erstmals zu Wort kommen“ und gelangte durch seine Untersuchung zu dem Ergebnis, daß das Engels- sche Buch unbeschadet seines auf dem Gebiete der „littérature engagée“ liegenden bleibenden Wertes „zu einer ideologisch entdramatisierten Betrachtung der britischen Frühindustrialisierung“ nicht ausreicht. Das um 1900 in Gent entwickelte und eingeführte System der Arbeitslosenversicherung, über das Henning referierte, sah in der Hauptsache eine Erhöhung der gewerkschaftlichen Versicherungsleistungen durch städtische Zuschußzahlungen vor. Es wurde zwar in den Jahren 1906— 1913 von etlichen deutschen Städten übernommen, jedoch — von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen — nur im Südwesten des Reiches akzeptiert und auch dort aus wirtschaftlichen und politischen Gründen lediglich von solchen Städten, bei denen es sich nicht um ausgesprochene Industrieagglomerationen handelte. Nebenbei: „Es ist uns“, wie K. E. Born seinerzeit in bestimmtem Zusammenhang bemerkte (Saeculum 15 [1964] 306), „heute schlechterdings nicht möglich, auch nur für ein Jahr vor dem ersten Weltkrieg den Umfang der Arbeitslosigkeit im damaligen deutschen Kaiserreich festzustellen“; denn „eine allgemeine Arbeitslosenversicherung und eine allgemeine Erfassung der Arbeitslosenzahlen gibt es erst seit November 1918“. Ott beschäftigte sich in seinem Vortrag mit der wirtschaftspolitischen