Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

Zur publizistischen Auswertung des österreichisch-jugoslawischen Archivabkommens. Eine Erklärung der Generaldirektion des Österreichischen Staatsarchivs

Literaturberichte 517 gegnete. Er war kein Anhänger einer vollkommenen Gleichheit, wie seine Stellung zur Annahme des Gesetzes über das allgemeine, gleiche und di­rekte Wahlrecht 1908 und seine positive aufgeschlossene Haltung gegen­über dem Problem des Frauenstudiums zeigen. In der Tradition der Auf­klärung durch seine Familie verwurzelt, erblickte er in Joseph II. eine der reinsten Gestalten der Geschichte. Der Kaiser erschien ihm als das Bleibende im Wechsel im monarchischen Staat und Franz Joseph als die Verkörperung des Staatsgedankens. Theodor Gomperz, der sich für Zeitfragen immer mehr interessierte und zu ihnen Stellung nahm, je älter er wurde, setzte sich auch mit dem Antisemitismus und dem Zionismus auseinander, mit denen er konfron­tiert wurde. Areligiös wie er war, hielt er das Judentum, in das er hinein geboren wurde, für ein pieux souvenir de famille. Theodor Herzls Zu­kunftsvision vom Judenstaat nahm er nicht zur Kenntnis. Den Zionismus als Form eines jüdischen Nationalismus hielt er für eine natur- und ge­schichtswidrige Bewegung. Den Antisemitismus nahm er ernst und hielt ihn für ein Zeitphänomen. Dagegen half nach seiner Ansicht nur völlige Assimilation und Konversion zu einer christlichen Kirche. Dies empfahl er seinen Glaubensgenossen. Seinen Kindern riet er, sich jenem religiösen Kreis innerhalb der großen christlich-europäischen Gemeinschaft anzu­schließen, dem sie sich am nächsten verwandt fühlten. Der Hg. hat sich redlich bemüht, durch Auswahl, Einleitung und sorgfäl­tig gearbeitete Personen- und Sachregister den reichen Inhalt der Lebens­geschichte Theodor Gomperz’, die auf weite Strecken auch eine solche Heinrich Gomperz’ ist, zu erschließen, und dies ist ihm auch hervorragend gelungen. Über die Personen der beiden Gomperz und ihrer Familie hin­aus wurde der politischen, Geistes- und Kulturgeschichte Österreichs im späten 19. Jahrhundert eine neue wichtige Quelle erschlossen. Anna Hedwig Benna (Wien) ALLGEMEINE GESCHICHTE UND SPEZIALDISZIPLINEN Anton Lenk Die Gezeiten der Geschichte. Wie das Klima unsere Vergangen­heit, Gegenwart und Zukunft beeinflußt. Econ Verlag, Düsseldorf—Wien 1974. 399 S. Dem Vf. geht es darum, klimatisch bedingte Umwelteinflüsse als Wurzel historischer Entwicklungen und Phänomene nachzuweisen. Als Beobach­tungsfeld hat er sich dazu praktisch die gesamte Menschheitsgeschichte aus­gesucht und behandelt dementsprechend nach einem kurzen Einleitungs­kapitel über Klimaschwankungen (S. 11—40), für die er den Begriff des Astronomischen Jahres prägt, die Auswirkungen klimatischer Verände­rungen auf Völkerwanderungen, Wirtschaft (hauptsächlich Nahrungsmit­telproduktion) und materielle Kultur sowie die Folgen menschlicher Ein­griffe in die natürliche Umwelt an Beispielen von Australien bis Grön­land und von China bis Südamerika. Im Mittelpunkt stehen dabei Aus­führungen über die Abhängigkeit der alten Hochkulturen in Ägypten,

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