Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)
LAUBACH, Ernst: Karl V., Ferdinand I. und die Nachfolge im Reich
Karl V., Ferdinand I. und die Nachfolge im Reich 23 langwierig die Verhandlungen mit den Kurfürsten sein konnten. Jetzt konnte man bei den Sondierungen dem möglichen Einwand, Karl sei doch noch nicht gekrönt, immerhin durch Verweise auf die laufenden Verhandlungen begegnen. „Us vielen trefflichen beweglichen Ursachen und insonderheit damit ein bestendiger fried im h. ro. reich desto statlicher erhalten“, wünsche der Kaiser die Wahl eines Römischen Königs, konkret: seines Bruders Ferdinand, notierte Kurfürst Ludwig von der Pfalz leider sehr summarisch über ein vertrauliches Gespräch mit Merklin 117). In seinen im Sommer 1550 diktierten „Memoiren“ hat Karl V. nur einen Grund für die frühzeitige Erhebung Ferdinands mitgeteilt: Seine sonstigen großen Herrschaften hätten es ihm unmöglich gemacht, so lange im Reich zu verweilen, wie es eigentlich erforderlich gewesen wäre 118). Das ist eine knappe Zusammenfassung der Argumentation, die Karl im allgemeinen gegenüber den Kurfürsten und auch dem Papst für das Projekt vorgebracht hat, nämlich119 *): Die Regierungsgeschäfte in seinen anderen Königreichen und die Erfüllung seiner kaiserlichen Aufgaben, vor allem: die innere Spaltung der Christenheit überwinden zu helfen und die Verteidigung gegen ihren türkischen Feind zu organisieren, verursachten unvermeidlich längere Zeiten der Abwesenheit vom Reich. Das erschwere naturgemäß die Gewährleistung von Frieden und Ordnung im Reich, und man habe bei den Irrungen der letzten Jahre — damit dürften neben Bauernkrieg und Sickingenfehde auch der Zwiespalt in der Glaubensfrage und die sogenannten Packschen Händel gemeint sein — ja leider die Erfahrung gemacht, daß das seinerzeit gemeinsam eingerichtete Reichsregiment nicht zulänglich funktioniert habe. Zur Aufrechterhaltung der Ruhe und angesichts der ständigen Gefahr türkischer Angriffe sei es am besten, wenn er im Reich einen mit größeren Vollmachten ausgestatteten Vertreter, einen Römischen König, zurücklassen könnte. Allerdings würde er, der Kaiser, die Vollmachten, die jener zur Ausführung seiner Aufgabe benötige, keinem anderen gern erteilen wollen außer eben seinem Bruder 117) RTA 7 349. ns) Karls Memoiren edierte Alfred Morel-Fatio Historiographie de Charles-Quint 1 (Paris 1913), hier 203. — Zur Entstehung der Memoiren Brandi Karl V. 1 490 f. n») Zusammengestellt aus: a) Instruktionsentwurf an Trier (wie Anm. 88); b) Kopie einer Instruktion Karls von 1529 für Bischof Wilhelm von Straßburg und andere Kommissare zu Verhandlungen mit Kurfürsten über Ferdinands Wahl im Hofkammerarchiv Wien: Reichsakten 203, Konv. Kaisers Ferdinandi römische Königskrönung betr. 1529, 1531 fol. 2—15; c) Niederschrift über die Ansprache des Erzbischofs von Mainz über die Gründe des Kaisers, einen Römischen König wählen zu lassen, 1530 Dezember 24, im HHStA Reichskanzlei, Wahl- und Krönungsakten 2 (neu) fol. 183—185; d) Instruktion Karls für Mai in Rom, 1530 Oktober 30, bei Eduard Wilhelm Mayer Forschungen zur Politik Karls V. während des Augsburger Reichstages von 1530 in Archiv für Reformationsgeschichte 13 (1916) 133 f.