Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

SCHOBER, Richard: Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe

Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe 301 im Priesterseminar verbot, gingen die Nationalkonservativen ähnliche Wege wie die Zallinger-Gruppe und ein wenig später die Christlichsozia­len: Sie verwiesen die bischöfliche Autorität auf den geistlichen Bereich m). In Deutschtirol waren die Bischöfe wegen ihrer regierungsfreundlichen Haltung in der Schulfrage in Gegensatz zu den „Scharfen“ gekommen; im Trentino verlor Fürstbischof Valussi seinen Einfluß auf die National­konservativen wegen seiner antinationalen Haltung. Im Gegensatz zu den Bischöfen der anderen Völker der Monarchie waren die deutschen und be­sonders die italienischen im Trentino stets regierungsfreundlich. Erst der Nachfolger von Valussi, Endrici, schlug um die Jahrhundertwende einen anderen Weg ein. Der Jahrzehnte währende Streit im katholischen Lager, der sich um die Kompetenz der Bischöfe in politischen Fragen drehte, nahm vom konfes­sionellen Problem Deutsch-Tirols und von der Autonomiefrage des Tren­tino seinen Ausgang. Die Jahrhunderte alte Streitfrage des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche erlebte zu Ende des 19. Jahrhunderts in Tirol ihre Abwandlung entsprechend den politischen Hauptproblemen Tirols. IX Die Landtagswahlen, die die absolute Mehrheit der Konservativen gebro­chen hatten, waren nicht ohne Auswirkungen auf die Haltung der Partei in der Schulfrage geblieben. Unter dem Eindruck des Verlustes ihrer ab­soluten Macht kamen die Konservativen den Forderungen der tirolischen Lehrervereine nach und beabsichtigten, im Schulausschuß eine provisori­sche Festsetzung der Ruhegehälter der Lehrer zu beschließen, ohne ihren Standpunkt in ideologischer Hinsicht aufzugeben * 174). Durch die Einführung eines Provisoriums war ihnen die Möglichkeit ge­geben, die Lehrer sozial besser zu stellen, ohne das Reichsvolksschulgesetz anerkennen zu müssen; andererseits konnten dem auch die Liberalen zu­stimmen, da das Reichsgesetz unangetastet blieb. Deshalb wurde das Sta­tut auch von den Liberalen angenommen und erhielt durch die Unter­stützung der klerikalen Italiener eine überwältigende Mehrheit. Die Re­gierung, die zunächst das Zustandekommen des Provisoriums gefördert hatte, stieß schließlich das ganze Land vor den Kopf, als sie aus verfas­sungsrechtlichen Gründen die Sanktion verweigerte und auf dem Be­schluß eines Schulgesetzes durch den Landtag beharrte175). Die Ableh­nung hing mit der Zurückweisung der neuen Landesschulgesetzesvorlage zusammen, von der noch zu sprechen sein wird. Am Ende des Jahres zeigte sich immer deutlicher, daß der Eiserne Ring zusehends an Festig­1?3) Ott Geschichte Tirols 2 322. 174) Sten. Ber. Th VII/1/70 von 1889 Oktober 26 und November 26. i”) TLA Statth. Präs. 3995: Erlaß Gautschs 1890 Juli 2.

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