Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

SCHOBER, Richard: Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe

Die Tiroler Konservativen in der Ära Taafie 297 den national-radikalen Italienern. Den ideologischen Kampf mit den deut­schen Liberalen reihten sie vor die Auseinandersetzung mit dem italieni­schen Irredentismus. Im Trentino verbündeten sich die Italiener über ideologische Grenzen hin­weg. Im März 1889 kam es zum Pakt zwischen Nationalkonservativen und Nationalliberalen auf der Grundlage des Versprechens, in der kon­fessionellen Frage dem Partner entgegenzukommen157). Die Zahl der Austriacanti, die sich um den Trienter Fürstbischof scharten, wurde immer geringer. Die Schuld an dieser dem Gesamtstaat abträglichen Entwick­lung trugen die Konservativen durch ihren unnatürlichen Kompromiß mit den Nationalliberalen bei den Reichsratswahlen von 1885. Dieser hatte bewirkt, daß sich im Trentino eine nationalkonservative Richtung unter Bazzanella herausbilden konnte, deren Organ, der Popolo Trentino, im scharfen Gegensatz zur bischöflichen austrophilen Voce cattolica stand. Wie zu erwarten war, errangen die Nationalkonservativen bei den Land­tagswahlen von 1889 einen vollkommenen Sieg im Trentino, denn der an und für sich mehrheitlich streng katholischen Bevölkerung, die aber auch gemäßigt national gesinnt war, entsprach das Programm dieser Partei voll­kommen. Am 26. Oktober beantragte der italienische Abgeordnete Dordi die Ausarbeitung eines Autonomieentwurfes, der einen eigenen Landtag für das Trentino vorsehen sollte. Die Konservativen lehnten, wie voraus­zusehen war, ab und ermöglichten es somit den deutschen Liberalen, die ebensowenig bereit waren, den Antrag Dordi voll zu akzeptieren, ihr den Italienern gegebenes Versprechen einzuhalten. Sie anerkannten das Be­dürfnis des südlichen Landesteiles auf Autonomie, umgingen jedoch jede konkrete Aussage. Als die Italiener schließlich im Jahre 1890 einen Ent­wurf einbrachten, der die Teilung des Landtages und des Großgrundbe­sitzes vorsah, lehnten Konservative und deutsche Liberale im Landes­ausschuß gemeinsam ab 158). Die Liberalen hatten sich also nur der Ita­liener bedient, um ihren Einfluß im Landtag zu vergrößern. Gerechter­weise muß gesagt werden, daß es einzelne liberale Abgeordnete, wie den Meraner Großgrundbesitzer Dr. Karl von Grabmayr, gab, denen es mit der Autonomie für das Trentino ernst war. Die größten Verlierer dieses parteitaktischen Spieles waren die deutschen Konservativen, die aus dem Großgrundbesitz verdrängt wurden. Der tiefere Grund für ihre Haltung dürfte ihr Verhältnis zur autonomiefeindlichen Regierung gewesen sein, für welche diese Partei vor allem deshalb von Bedeutung war, weil sie auf die klerikalen Italiener doch einen gewissen mäßigenden Einfluß ausübte. Diesen aber hatte sie schon durch ihren Kompromiß im Jahre 1885 mit den Nationalliberalen, der den Anschluß der italienischen Kon­servativen an die Nationalliberalen zur Folge hatte, weitgehend eingebüßt. Nur die sogenannten Vocisten, die sich um den Trienter Bischof und die 157) Ott Geschichte Tirols 1 288; Bier Autonomiekampf 456. iss) Bier Autonomiekampf 462.

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