Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

SCHOBER, Richard: Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe

Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe 287 ein sehr aktiv und hielt eine ganze Reihe von Versammlungen ab. Be­reits im August 1887 gelang es Zallinger bei einer Versammlung in Brun­eck, seinen Vorstellungen zum Durchbruch zu verhelfen. Nach einer Rede des Bozener Oppositionellen wurde eine Resolution angenommen, die vollkommen seinem politischen Programm entsprach. Nachdem Zallinger wegen der Regierungsvorlage dem Ministerium die schärfste Opposition angedroht hatte, rügte er sogar die Bischöfe, denen er empfahl, sich beim Kampf um das Schulgesetz mehr hervorzutun. In der Resolution, die er vorlegte, und die einstimmig angenommen wurde, erklärte er, daß es „Hauptpflicht der Abgeordneten“ sei, „für die confessionelle Volksschule einzutreten“ 117). Schon eine der ersten Aktivitäten der neugegründeten Organisation hatte also gezeigt, daß die Absicht, den Einfluß Zallingers abzuschwächen, nicht gelungen war. Im Gegenteil: Der Verein, der vor allem zur Her­stellung der Einheit der Partei ins Leben gerufen worden war, wurde wegen der Resolution von Bruneck vom Reichsratsabgeordneten Kathrein massiv in einem Promemoria, das auch einen Einblick in die Klubver­handlungen in Wien gewährt, angegriffen. Schon zu Beginn der Reichsratssession 1885 hatten die konservativen Ti­roler Abgeordneten im Hohenwartklub die Änderung der Reichsvolks­schulgesetze zu Gunsten der konfessionellen Schule angeregt. Hohenwart legte diesen Wunsch dem Exekutivkomitee der Majorität des Abgeordne­tenhauses vor, das einen Viererausschuß einsetzte, dem der Tscheche Rie­ger, der Pole Czerkawski, der Salzburger Lienbacher und der Tiroler Gio- vanelli angehörten. Doch die Verhandlungen scheiterten. Kathrein gibt uns leider keine Gründe dafür an. Die Vermutung liegt jedoch nahe, daß der dem Liechtensteinklub angehörende Lienbacher, Rieger und Czer­kawski die Beratungen blockierten. Der Liechtensteinklub war in seinen konfessionellen Forderungen radikaler als der Hohenwartklub, und die konservativen Slawen hatten an der Schulfrage kein so großes Interesse wie die alpenländischen Konservativen. Für sie besaß die Schul-Aktion nur insoweit Wert, als sie die Diskussion um die Priorität von Landes­und Reichsrecht anregte und somit ihren föderalistischen Interessen ent­gegenkam. Die katholischen Abgeordneten der Alpenländer berieten dar­aufhin allein über die Frage und 1886 wurde einem Ausschuß die Wei­sung erteilt, einen Schulgesetzentwurf zu erarbeiten, der nach seiner Fer­tigstellung auch die Billigung verschiedener Bischöfe fand. Alle Abgeord­neten des Liechtensteinklubs außer Zallinger und alle Tiroler des Hohen­wartklubs Unterzeichneten schließlich den Entwurf, der durch die Klub­obmänner der Regierung übermittelt wurde. Nebenher wurde zur Ab­sicherung auch mit den konservativen Tschechen und Polen verhandelt, U7) Ebenda ad 4604: Bericht der Bezirkshauptmannschaft an Widmann, 1887 August 10.

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