Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)
SCHOBER, Richard: Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe
286 Richard Schober Landtagsmajorität aus ideologischen Gründen Rechte vorenthielt, die ihre Kollegen in den übrigen Ländern der österreichischen Reichshälfte bereits seit 18 Jahren besaßen us). Auf diese Art trieben die Konservativen die Lehrer in die Arme des von den Liberalen beherrschten Landeslehrervereins; selbst die gut konservativen Lehrer richteten eine Petition an das Ministerium, in der sie über ihre Verhältnisse Klage führten. Gautsch lehnte weiterhin jedes Entgegenkommen auf administrativem Wege ab 113 114). Die Partei hatte wieder einmal ihre ideologischen Interessen über die sozialen der Bevölkerung gestellt. Diese politische Tendenz war bei den Konservativen so dominierend, daß sie zu ihrem Untergang führen mußte, sobald ihr eine Partei mit echtem sozialem Engagement entgegentrat. Wenige Jahre später entstand ihr dieser Gegener in der Christlichsozialen Partei. Der Niedergang der Konservativen Partei dauerte Jahrzehnte (bis 1907), war aber nicht aufzuhalten. Der Grund dafür lag in der verfehlten Politik in den Achtzigerjahren, die in den folgenden Jahrzehnten weitergeführt wurde. VI Nachdem die Partei gegenüber der Regierung, die sie im Reichsrat unterstützte, wieder einmal den kürzeren gezogen hatte, waren von der Bozener Opposition heftige Angriffe zu erwarten. Um deren Auswirkungen zu paralysieren, ging die Parteiführung daran, das konservative Vereinsleben zu zentralisieren. Dies war umso notwendiger, als sich Zallinger schon vor 1880 im „Katholisch-Politischen Volksverein“ ein Machtinstrument geschaffen hatte, das vollkommen unter seinem Einfluß stand 115). Mit sehr viel Enthusiasmus wurde am 16. März der „Katholisch-Politische Volksverein für Deutschtirol“ ins Leben gerufen, der alle konservativen Kräfte des deutschen Landesteiles vereinigen und ein Gegengewicht zu Zallin- gers Organisation in Bozen bilden sollte. Es war der Aufbau von Ortsgruppen geplant, die unter der straffen Führung der Innsbrucker Zentrale stehen sollten. Laut Statuten mußte nicht weniger als die Hälfte der Funktionäre aus Innsbruck stammen. Obwohl die neue Organisation zur Eindämmung der Aktionen Zallingers geschaffen worden war, konnte die Partei an diesem nicht vorübergehen und mußte ihn als Vertreter von Bozen in den Ausschuß entsenden 116). Das besondere Ziel der Organisation bestand darin, den Abgeordneten den Kontakt mit der Bevölkerung zu erleichtern. Schon im ersten Jahr seiner Tätigkeit war der neue Ver113) Ebenda 3162: Widmann an Gautsch, 1887 Juni 3. ui) Ebenda 3952: Gautsch an Widmann, 1887 Juli 7. us) D i P a u 1 i Anton Di Pauli 454 f. no) TLA Statth. Präs. 7463 ad 12/142 ex 1887; liegt bei 12/2052 ex 1891.