Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)
SCHOBER, Richard: Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe
282 Richard Schober „So zahlen uns Priester, die mehr als ein Jahr die Zeitung bezogen haben, ohne sie einmal abzubestellen, den hiefür entfallenden Abonnementbetrag nicht und schicken beleidigende Schreiben anstatt des schuldigen Geldes. Ohne Zweifel auf ihren Rat hin machen es Laien gleich, denen wir über Bestellung das Blatt sandten ..93). Das Festhalten am System Taaffe trotz aller innerparteilichen Schwierigkeiten hatte nach wie vor einen einzigen ideologischen Hauptgrund, den Kampf der Konservativen um die katholische Volksschule. In dieser Frage waren sich Parteiführung und Bozener Richtung einig, wenn es auch graduelle Unterschiede im Nachdruck, mit dem die Sache vertreten wurde, gab. Während die Mehrheit der Partei den Weg der kleinen Schritte ging, konnte Zallinger wegen seiner absoluten Gegnerschaft der Regierung gegenüber kompromißlos auftreten. So interpellierte er im Jänner 1885 schonungslos den Unterrichtsminister Conrad und machte darauf aufmerksam, daß in Tirol über die Mißstände im Schulwesen große Unzufriedenheit herrschte 93 94). Unterstützt wurde dieser Angriff durch eine Eingabe der Gemeinden des Passeiertales, die zum Einflußgebiet Zallingers gehörten; darin wurde bemängelt, daß die Lehramtskandidaten nicht an katholischen Lehrerbildungsanstalten ausgebildet und daß bei der Anstellung von Lehrern Religion und Sittlichkeit nicht hauptsächlich berücksichtigt würden, daß es an guten katholischen Schulbüchern mangle und ein Lesebuch für Biblische Geschichte noch immer nicht eingeführt sei. Im Prinzipiellen wandte sich die Interpellation natürlich gegen das ganze System der liberalen Schulgesetzgebung 95). Conrad reagierte auf diese Interpellation mit einem Erlaß zur Revision der Schulbibliotheken und zur Einführung der Biblischen Geschichte, obwohl der diesbezügliche Erlaß des Tiroler Landesschulrates aus dem Jahre 1884 keineswegs durch das Reichsvolksschulgesetz gedeckt war 96). Man sieht also, daß der Unterrichtsminister Conrad durchaus gewillt war, den Tiroler Konservativen auf administrativem Wege entgegenzukommen. Eine Konfrontation mit dem alten Parteiführer Greuter im Reichsrat und der Zwang eines Erfolges nach den Wahlen brachten ihn jedoch zu Fall97). Sein Nachfolger Gautsch setzte jedoch die gleiche Politik Tirol gegenüber fort. Dies wurde sogleich deutlich, als die konservative Landtagsmajorität den neuen Minister bereits einige Monate nach dem Wechsel mit der Schulfrage konfrontierte. Sie brachte im Jänner einen Antrag ein, der die Regierung aufforderte, im nächsten Landtag einen Gesetzesentwurf 93) TLA Nachlaß Kathrein: Josef Schätzer an Kathrein, 1886 Februar 27. 94) TLA Statth. Präs, ad 776: Interpellation Zallingers, 1885 Mai 23. 93) Ebenda 776: Widmann an Conrad, 1885 Jänner 30. 96) Ebenda ad 2172: Conrad an Widmann, 1885 März 30. 9?) C z e d i k Ministerien 1 302.