Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 29. (1976)

SCHOBER, Richard: Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe

Die Tiroler Konservativen in der Ära Taaffe 281 sich selbst, nicht aber das Wohl des Ganzen im Auge hat, darstell­te“ “). Die Konservativen hatten keine Chance, ihre Probleme zu lösen, die sich ihnen folgendermaßen darstellten: Traten sie aus der Majorität aus, sanken sie zur Bedeutungslosigkeit herab oder mußten sich der Linken anschließen, was aus ideologischen Gründen unmöglich war. Blieben sie in der Majorität, mußten sie mit der Opposition in ihren eigenen Reihen rechnen, da man ihnen mit Recht Verrat an ihren Prinzipien vorwerfen konnte, — denn das Ministerium verfolgte keineswegs eine eindeutig kon­servative Politik. Die Regierung war dazu auch nicht fähig, denn sie ver­fügte über keine Zweidrittelmehrheit, die zum Sturz der liberalen Ver­fassungsgesetze notwendig gewesen wäre 89). Nach den Wahlen brauchte die Partei dringend einen Erfolg. Da man sachlich keinen erringen konnte, stürzte man den Unterrichtsminister Conrad, der sich wegen seiner Haltung in der Schulfrage bei den Kon­servativen unbeliebt gemacht hatte. Sein Nachfolger wurde Baron Gautsch, der den Konservativen geschickt immer wieder Erfolge, die er durch Zugeständnisse auf administrativem Wege (meist Personalent­scheidungen) erreichte, liefern konnte. Als im April 1886 eine konservati­ve Delegation unter Führung Kathreins zu Gautsch fuhr, versprach er ihr die Förderung der katholischen Professoren Wackerneil und Pastor und die Errichtung einer Lehrkanzel für Vaterländische Geschichte in Innsbruck, die die Konservativen mit einem Katholiken besetzen woll­ten 90). Dieses Vorgehen wurde später so zum System gemacht, daß bereits An­fang der Neunzigerjahre das Schlagwort umging, es gebe an der Uni­versität Innsbruck nur mehr Professoren von Kathreins Gnaden91). Die Opposition mußte nach der Entscheidung der Partei, im Hohenwartklub zu bleiben, weitergehen. Daß jene nichts an Schlagkraft eingebüßt hatte, bewies der Redakteur des Burggräflers, Josef Schätzer, der, sonst der Parteiführung in Innsbruck gut gesinnt, in dasselbe Horn stieß wie Zal- linger, der im Tiroler Volksblatt die Abgeordneten „lässig“ nannte und sie wegen ihrer Zusammenarbeit mit den Slawen und der Regierung an- griff 92). Schätzer verteidigte sich damit, daß er nicht die Tiroler Konser­vativen, sondern die Rechte des Hauses angegriffen habe, und gab ein erschütterndes Bild von der Wühlarbeit der Opposition in Südtirol. Der Burggräfler wurde nämlich wegen seiner Treue zur Parteiführung in Innsbruck bereits verfolgt. Schätzer schrieb: 88) Neue Tiroler Stimmen 1885 April 30. s») Vgl. Anm. 75. 90) TLA Nachlaß Kathrein: Notiz Kathreins 1886 April 7. 91) Ebenda: Pemtner an Kathrein, 1891 Juni 14. 92) Tiroler Volksblatt Nr. 69 und 89 ex 1886.

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